Heft 
(1971) 13
Seite
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Grabgewölbe. Auch unter den Gästen derKastalia begegnen wir historischen Persönlichkeiten, den Offizieren von Hirschfeldt und von Meerheimb. Die Schilderung des Gefechts von Plaa, die dem ersteren in den Mund gelegt wird, hat der Dichter aus dessen Memoiren über­nommen; von Hirschfeldt weilte übrigens Anfang 1813 noch in Spanien. Er war später Fontanes erster Korpskommandeur. Das Borodinokapitel stammt im wesentlichen aus Meerheimbs Erinnerungen, einzelne Züge sind aus Tolls Denkwürdigkeiten und Napoleons St. Helena-Gesprächen eingefügt. Der bronzezeitliche Vogehvagen, den Turgany dem Pastor Seidentopf zum Geschenk macht, ist tatsächlich, wie der Überbringer bemerkt, in der Gegend von Drossen gefunden worden, allerdings nicht in der Franzosenzeit, sondern 1848. Der im Pfarrhause mit soviel Eifer und Witz geführte Streit über seine Herkunft ist heute entschieden, allerdings weder in Seidentopfs noch in Turganys Sinne. Der Wagen stellt weder ein Symbol des germanischen Odinkultes vor noch das Spielzeug eines wendischen Fürstensohnes. Er gehört vielmehr, wie wir aus einer freundlichen Mitteilung von Herrn Professor Götze-Römhild ersehen, dem Kreise der illyrischen Kultur an. Die Geschichte von Kajarnak dem Grönländer hat Fontane, nach einer Feststellung von Fritz Behrend, aus der von dem Herrnhuter Missionar Cranz verfaßten Historie von Grönland übernommen. Der prophetische Spruch, den Lewin in der Bohlsdorfer Kirche findet, steht in Wirklichkeit auf einem Grab­stein der Berliner Nicolaikirche. Daß der Roman als volkskundliche Quelle ergiebig ist, versteht sich bei der gründlichen Sachkenntnis seines Verfassers von selbst. Auf einen, sehr bezeichnenden Irrtum Fontanes aber sei hier hingewiesen: der Weihnachtsbaum kann damals in unserer Gegend, und zumal auf dem Lande, keinesfalls schon eine so allgemeine Verbreitung gehabt haben, wie es nach seiner mehrfachen Erwähnung im Roman den Anschein haben muß.

V

Im April 1878 war der Roman vollendet. Über anderthalb Jahrzehnte hatte sich die Arbeit hingezogen. Noch ehe Fontane die letzten Kapitel niedergeschrieben hatte, begann schon der Abdruck imDaheim (ab Januar), für den ein Honorar von 1000 Taler vereinbart war. Die vier­bändige Buchausgabe erschien im Laufe des Jahres bei seinem alten Verleger Hertz in Berlin und trug Fontane nochmals die gleiche Summe ein. Die Hoffnungen, materieller und ideeller Art, die der Dichter darauf setzte, finden wir in einem Briefe ausgesprochen, den er am 5. November desselben Jahres an Hertz richtete. Es heißt darin:Ich kenne Barnim und Lebus, und beide werden meine Treue lohnen. Es ist der Teil unserer Provinz, wo das meiste Geld und das stärkere Selbstbewußtsein zu Hause ist. Das gibt ein gutes Publikum. Fontanes Erwartungen erfüllten sich leider nicht. Der Roman machte keinen stärkeren Eindruck, und auch die Buchausgabe fand nur geringen Absatz.

Dagegen fehlte es in den Kreisen der literarischen Kritik nicht an An­erkennung. Vor allem war es Julius Rodenberg, der in seinerDeutschen

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