Rundschau” eine verständnisvolle und zustimmende Besprechung des Werkes veröffentlichte, von der Fontane erklärte, daß sie ihm aus der Seele gesprochen sei. „Das Feinste und Zutreffendste“, fährt er fort, „ist aber der Tadel, den er ausspricht. Das laß ich mir gefallen.“ In seinen Briefen aus dem Winter 1878 79 finden sich weiterhin, veranlaßt durch Stimmen der Kritik, aufschlußreiche Geständnisse, in denen er seinen Standpunkt und seine Absichten kennzeichnet. „Das Buch“, sagt er u. a. „ist der Ausdruck einer bestimmten Welt- und Lebensanschauung. Es tritt ein für Religion, Sitte, Vaterland, aber es ist voll Haß gegen die „blaue Kornblume“ und gegen „Mit Gott für König und Vaterland“, will sagen: gegen die Phrasenhaftigkeit und Karikatur jener Dreiheit. Ich darf sagen — und ich fühle das so bestimmt, wie daß ich lebe —, daß ich etwas in diesem Buche niedergelegt habe, das sich weit über das herkömmliche Romanblech, und nicht bloß in Deutschland, erhebt, und nichts hat mich mehr gereizt, als daß einer meiner besten Freunde, so tut, als ob es so gerade nur das landesübliche Dutzendprodukt wäre.“ Und weiterhin sagt er im Hinblick auf briefliche Äußerungen Paul Heyses: „Nur in einem — und zwar in einem Hauptpunkt — hat er entschieden unrecht. Der Schwerpunkt des Buches liegt nicht im Landschaftlichen, wenn er diesem Worte auch die allergrößte Ausdehnung geben und alles Deskriptive darunter verstehen will. Der Schwerpunkt liegt vielmehr in der Gesinnung, aus der das Buch erwuchs, und wenn es einen bescheidenen Erfolg erringen sollte, so werden Kapitel wie das vierte des ersten Bandes, im zweiten Band das Zwiegespräch zwischen Bernd und Kniehase bzw. zwischen Bernd und Othegraven, im dritten Bande das Prinz-Ferdinand- und das Bninski-Kapitel und im letzten Bande die Kapitel, die dem Frankfurter Überfall unmittelbar folgen, die wahre Ursach’ davon sein.“ Fontane hat in diesen Selbstbeurteilungen einen Punkt berührt, der zweifellos besondere Beachtung verdient, wenn wir nach den Ursachen des geringen Erfolges fragen, der seinem Buche zunächst beschieden war. Es ist jene Stelle, wo er von seiner entschiedenen Abneigung gegen die patriotische Phrase spricht. Das breitere Publikum verlangt, zumal von einem „vaterländischen“ Roman, Schwarz- Weiß-Malerei. Dergleichen war für Fontanes hohes künstlerisches Feingefühl unmöglich, ganz abgesehen davon, daß ihm, dem Träger eines französischen Namens, der bloße Takt verbieten mußte, Töne jenes leidenschaftlichen Hasses laut werden zu lassen, wie sie die Zeit der Erhebung tatsächlich kannte. So sehen wir denn in seinem Werke das Franzosentum mit einer gewissen Sympathie gezeichnet, ja mit gelegentlicher Bewunderung und dem Helden des Romans wird in der Person seiner eigenen Schwester eine Verehrerin französischen Wesens gegenübergestellt. Dem entspricht es auf der anderen Seite, daß das Preußentum kaum eine Glorifizierung erfährt, die über das hinausgeht, was etwa Charaktere wie Bernd, Kniehase u. a. zu seinen Gunsten aussagen. Im Gegenteil, ausgesprochene Widersacher des preußischen Wesens, wie der polnische Graf Bninski, erhalten Gelegenheit, herbste Kritik an ihm zu üben. Nichts aber ist bezeichnender für Fontanes jeder Phrase abholde Haltung, als die Schilderung der Revue vor dem Frankfurter Überfall.
Heft
(1971) 13
Seite
353
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