Heft 
(1971) 13
Seite
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Zugehörigkeit zur radikalen Demokratie wird allerdings seit über einem halben Jahrhundert aufmerksam gemacht. Den Ursprung dieser politisch­journalistischen Aktivität, der in Fontanes Aufenthalt in Leipzig und Dresden 1841 bis 1843 zu suchen ist, hat 1936 Charlotte Jolles in ihrer Dissertation überFontane und die Politik in bis heute gültiger Weise behandelt. Sie war es auch, die den ersten Hinweis auf Fontanes litera­rische Früchte dieser Jahre in der später lange Zeit verschollenen Zeit­schriftDie Eisenbahn gab. Fontanes dort veröffentlichte Gedichte, wichtige Beweisstücke für das Profil des Vormärz-Lyrikers, sucht man im vorl. Buch mit Ausnahme jener, von denen sich eine Handschrift (oder Abschrift) im Fontane-Archiv Potsdam erhalten hat oder später ein zweiter Druck erfolgt ist leider ebenso vergeblich wie die zum Ver­ständnis des engagierten jungen Fontane so bedeutsamen Korresponden­zen des Jahres 1842 aus Letschin und Dresden. Letztere wurden übrigens nicht im Dezember 1969 von Richterzum ersten Mal wieder abgedruckt (Neue deutsche Literatur, 1969, H. 12, S. 96), sondern vielmehr im Juni 1969 von Jolles in dem BandPolitik und Geschichte der Nymphen­burger Fontane-Ausgabe der Forschung zugänglich gemacht.

Eine Zusammenstellung von Fontanes Frühschaffen ist auch in unvoll­ständiger Form ein begrüßenswertes Unterfangen. Das hohe Ziel, das dieses Buch sich stellt, verpflichtet allerdings, gerade weil es Fontane als einen revolutionär gesinnten Dichter einem breiten Leserkreis vor­stellen will, in jeder Hinsicht zu möglichster Genauigkeit. Daß der Her­ausgeber sich über die Prinzipien seiner Auswahl aus den Jahren 1837 bis 1851 ausschweigt, die Wichtiges vermissen läßt, derkitschigen Senti­mentalität und aufdringlichen Frömmelei (S. 650) derGeschwisterliebe jedoch Raum gibt, die benutzte Literatur sowie die genaue oder an­nähernde Entstehungszeit für jedes einzelne Werk nicht anführt, Datie­rungsversuche einiger undatierter Briefe unterläßt, nach Abschrift (oder Handschrift) wiedergibt, in der Regel ohne anzumerken, wann, wo und ob ein Erstdruck erfolgt ist, muß bedauert werden. Wir vermißten dar­über hinaus den Hinweis auf unterschiedliche Fassungen, so bei dem GedichtEinigkeit (1842) die Variante in der ersten Gedichtsammlung von 1851 (also innerhalb der Grenzen dieser Auswahl). Das GedichtAn Rußland wird ohne Gegenüberstellung mit dem Erstdruck von 1851, wo Fontane ihm den TitelRußland (einem Freunde, als er nach Moskau übersiedeln wollte) gab, als Antwort auf Wolfsohns in Odessa verfaßtes Gedicht an Fontane vom 28./16. Oktober 1843 angesehen (S. 715, Anm. 312), während es sich in Wirklichkeit um Verse handelt, die zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. S. 368 f) nach Moskau gerichtet wurden. Fontanes nach Odessa adressiertes, Ende 1843 / Anfang 1844 entstandenes Antwort­gedicht trägt den TitelEinem Freunde in Odessa, worauf Fontane in dem von Richter abgedruckten Brief an Wolfsohn vom 29. Februar 1844 selbst hinweist.

Die ungesicherte Quellenlage für Fontanes Leipziger und vor allem Dresdner Aufenthalt 1841 bis 1843, die Hans Heinrich Reuter in seiner Fontane-Monographie zu kluger, in Richters Besprechung dieses Buches (NDL, 1969, H. 12, S. 168) jedoch kritisierter Zurückhaltung bei der

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