Heft 
(1972) 14
Seite
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Ähnlich lautet eine Stelle in dem (in der uns überlieferten Fassung) 1891 ent­standenen GedichtDer echte Dichter:

Kommt der Mtetszettelmann, so wird tüchtig gelogen,

Gelogen, gemogelt wird überhaupt viel,

Fabulieren ist ja Zweck und Ziel. (SW XX, 46)

32 Die Betonung des Gegensatzes zwischen dem Sich-So-Durchwinden und der Geltung als suspekt findet sich bereits in dem Aufsatz überDie gesellschaft­liche Stellung der Schriftsteller (1891), wo Fontane beklagt:Die, die mit Literatur und Tagespolitik [d. h. Verleger und Zeitungsverleger. J. K.] handeln, werden reich, die, die sie machen, hungern entweder oder schlagen sich durch (SL 117). Andrerseits stellt er fest, diefreien Genies, dieWilden (letzte setzt Fontane selber in Anführungsstriche) seien schonimmer suspekt ge­wesen (SL 120). In den älteren AufzeichnungenDie gesellchaftliche Stellung des Schriftstellers ln Deutschland (1881) hatte Fontane noch eindringlicher formuliert:Die Kunst Ist Spielerei, sie stört und ist eigentlich ridikül. Die Beschäftigung wenn nicht mt dem Höchsten, so doch mit dem Feinsten ist lächerlich, in vieler Augen auch verächtlich. Sie hat nicht einmal Hausrecht, sie zählt gar nicht mit. (AL 182)

33 In den eben (Anmerkung 32) zitierten Aufzeichnungen von 1881 wird dazu gesagt, der Schriftsteller teileungefähr das Schicksal des Provinzmimen, seine Stellung erinnere andie der Bohämes (AL 184). was Fontane mit dem Kritischen undFreigeistigen, das von Natur mit dem Metier des Schrift­stellers verbunden sei, in ursächlichen Zusammenhang bringt (AL 187). Kritisch nimmt Fontane in dem GedichtDer echte Dichter (1891), das den Untertitel trägt:wie man sich früher ihn dachte, jene damals noch weit verbreitete

( Auffassung vom Dichter aufs Korn, die dem Dichter zumutet:

Eines echten Dichters eigenste Welt

Ist der Himmel und - ein Zigeunerzelt. (SW XX, 47)

33aselber - Uber der Zelle.

33b Lesung fraglich.

3! Joseph Kürschner (1853-1902) gab seit dem Jahrgang 5 für 1883 denDeutschen Literatur-Kalender heraus, den 1879 die Brüder Heinrich und Julius Hart begründet hatten (u. d. T.: Allgemeiner deutscher Literatur-Kalender). Das an­fangs Jährlich, jetzt in mehrjährlichen Abständen erscheinende Verzeichnis enthält kurze biographische Angaben über die lebenden deutschen Schriftsteller und nennt ihre Veröffentlichungen.

33 Daß es solchegelegentlichen Anwandlungen in der Tat gegeben hat, läßt sich nachwelsen. Fontanes Sohn Theodor scheint z. B. zeitweise an eine schrift­stellerische Laufbahn gedacht zu haben. Der Vater riet ihm ab:Es ist ein sonderbares Metier, die Schriftstellerei. und Du kannst mir danken, daß ich Dir zugerufen habe: bleibe davon!, schreibt er an seinen Sohn am 17. 2. 1888 (Fa II, 160).

Doch auch Martha (Mete) Fontane machte Anstalten, als Schriftstellerin auf­zutreten. Mit dem folgenden wohl nicht bekannten Brief an den Verleger Franz Lipperheide suchte Fontane ihr den Weg zu ebnen. Der Brief, der sich im Besitz der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität befindet, sei hier mit freundlicher Erlaubnis der Direktion der Universitätsbibliothek mitgeteilt:

Berlin, 21. Januar 83 Potsd. Str. 134. c

Hochgeehrter Herr.

Darf ich Ihnen beifolgend eine kleine Arbeit meiner Tochter übersenden, mit der ergebensten Anfrage, ob Sie sie für geeignet zum Abdruck in Ihrer 111 Frauen Ztg. halten? In der bloßen Einsendung durch mich steckt

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