Heft 
(1972) 14
Seite
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natürlich auch der Wunsch einer Empfehlung. Ob die Arbeit selbst einen solchen Wunsch rechtfertigt, werden Sie rasch ermessen. Vorbehaltlich Ihres unparteiischeren Urteils find ich das Geschieht Chen schlicht, ein­fach, unsensationell (vielleicht zu sehr), aber klar und ruhig und von einer gewissen Reife.

Sollten Sies des Abdrucks für wert erachten, so würd' ich event. gern bereit sein, es in seinen Details noch einmal scharf durchzusehn. Lieber ist mirs freilich, es tuts ein andrer. Vorher hab ich nicht dran rühren wollen.

In vorzüglicher Ergebenheit

Th. Fontane

DasGeschtchtchen hielt jedoch den kritischen Augen des Verlegers der Illustrierten Frauen-Zeitung nicht stand. Er ließ, wie er selbst am Rand des Briefes handschriftlich vermerkt, das Manuskript an Fontane zurückgehen: Zurück 6 2 83. Die Novelle des Frl. Fontane ist, von andern Mängeln abgesehen, ohne jegliche Handlung.

Schließlich mag hier am Rande erwähnt werden, daß George Fontane, der älteste Sohn (18511887), wenn auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach seinem frühen Tode, als Briefschreiber dem Leser vorgestellt wurde. (George Fontane: Feldpostbriefe. 1870-1871. Berlin: F. Fontane u. Co. 19H). Allerdings erreichte er seinen Vater in der hohen Kunst der Eptstolographle weder der Form noch dem Gehalt nach.

35aein - in der Handschrift Irrtümlich zweimal.

36 Diese Feststellung scheint bestätigt zu werden durch jenes für Fontane nicht gerade erfreuliche Erlebnis, von dem Paul Meyer berichtet. Meyer, später einer der Testamentsvollstrecker, begleitete 1892 das Ehepaar Fontane zum Amtsgericht, wo Fontane sein Testament hinterlegen wollte. Man hatte das Amtszimmer betreten, und die Personalien wurden aufgenommen:

Auch Jetzt noch blickte der Amtierende [ein Referendar oder Assessor des Amtsgerichts. J. K.J ernst auf sein Protokoll und schrieb, und selbst der BerufSchriftsteller änderte nichts an seiner Haltung. Es war klar, - er kannte Fontane nicht, hatte im Jahre 1892, nachdem bereits außer den Gedichten und den Wanderungen durch die Mark Brandenburg die RomaneVor dem Sturm,Grete Minde,Ellernklipp",Irrungen- Wirrungen,Quitt usw. erschienen waren, nichts von ihm gehört und gelesen. Halb wehmütig, halb erheitert durch diesen Beweis für seine Popularität sah mich der Dichter an. Er nahm es aber nicht tragisch. Daß ihn aber der Mangel an Teilnahme und besonders an Erfolg doch schmerzte, während die Werke von Paul Heyse, Friedrich Spielhagen und gar von Julius Wolf! in größten Auflagen erschienen, war mir bekannt. Aber er kam, wie so oft, auch hier darüber hinweg.

(Paul Meyer: Erinnerungen an Theodor Fontane. 1819-1898. Berlin 1936, S. 25 f.)

Nachbemerkungen

Die beiden ersten Entwürfe, auf Foliobogen niedergeschrieben und je eine Seite umfassend, zeigen ein sauberes Schriftbild und sind gut lesbar, insbesondere das zweite Stück. Beim ersten Entwurf hat Fontane, wie wir das von seinen Briefen her kennen, die Ränder zum Beschreiben weitgehend ausgenutzt.

Wenn nicht Schriftvergleiche nur zu unsicheren Ergebnissen führten, möchte man sofern man die Schrift der beiden ersten Entwürfe mit Fontanes Handschrift in Briefmanuskripten vergleicht zu der Annahme gelangen, daß die Entwürfe 1 und 2 aus den späten siebziger oder frühen achtziger Jahren stammen, kaum

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