Heft 
(1972) 14
Seite
399
Einzelbild herunterladen

Anzeige des Stückes, die ich für die , Nation* geschrieben, lasse ich Ihnen morgen als gedruckten Beweis unsrer erfreulichen Übereinstimmung zugehn.

Sie sehen, es steht alles gut, so gut es stehen kann. Daß es zu einer Aufführung kommt, glaube ich nicht, so bestimmt ich glaube, daß Brahm persönlich diesen Wunsch haben wird. Es ist aber schon was, daß 2 Menschen, wie Brahm und ich, sich mit der Sache tragen und die Aufführung solcher Stücke (vorausgesetzt, daß sie so gut sind) nur für eine Frage der Zeit ansehn. Dasso gut sind ist freilich das Entschei­dende, und da steckt es auch, weshalb meine Hinneigung zur realisti­schen Richtung von diesem und jenem bezweifelt werden mag. Nicht alles, was sich fürrealistisch gibt, ist realistisch; es gibt auch eine realistische Phrase, so gewiß es eine romantische Realität gibt. Es gibt für mich überhaupt keine andren Richtungen als die von gut und schlecht, von Talent und Nicht-Talent.

Ihr hochachtungsvoll ergebenster Th. Fontane

Hauptmann an Fontane

Charlottenburg, 30. Dezember 1889

Hochverehrter Mann!

Ich fühle das herzliche Bedürfnis, Ihnen zu Ihrem siebenzigsten Geburtstag aus voller Seele Glück zu wünschen; zugleich drängt es mich, auf irgendeine Weise offen zu bekunden, wie sehr ich nicht nur den Menschen, sondern auch den Dichter in Ihnen zu bewundern gelernt habe.

Als eine hohe Ehre würde ich es empfinden, wenn Sie mir gestatten wollten, Ihnen mein nächstes, nahezu vollendetes Drama:Das Friedens­fest nachträglich, als bescheidene Gabe auf Ihren Geburtstagstisch zu legen. So unzulänglich nach jeder Richtung dasselbe auch sein mag, sein wird, so darf ich doch versichern: die Empfindungen, aus denen heraus ich es Ihnen entgegentragen möchte, sind echt und voll und Ihrer nicht unwürdig.

Trotz alledem jedoch: das hohe Recht zu geben ... ich weiß nicht, ob ich es mir Ihnen gegenüber anmaßen darf. Ich möchte auch um nichts in der Welt statt wenn auch in bescheidenem Maße - zu erfreuen zweifelhafte Gefühle erwecken, wohl gar lästig fallen. Ich müßte vor Scham vergehen, wenn die Befürchtung in mir herrschend würde, Ihren edlen Namen verunglimpft ..., statt indem ich ihn meinem Buche voransetze auf ein kleines Piedestal an den Pranger gestellt zu haben.

Sie werden meine Zaghaftigkeit begreiflich finden und, wie ich zuver­lässig hoffe, mich Ihres Vertrauens insoweit würdigen, um mir offen zu sagen, ob Ihnen die Opfergabe aus den Erstlingen meiner Herde genehm ist oder daß sie Gnade vor Ihren Augen nicht findet.

Mit ehrfurchtsvollem Gruß Gerhart Hauptmann

399