Heft 
(1972) 14
Seite
408
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liehen Raum mit unendlichen Gestalten nur durch die in's Unbestimmte verschwimmende Behandlung des Hintergrunds ahnen läßt, von diesem aber einen (Mittel- und) Vordergrund mit der Kraft der Nähe und Deutlichkeit unterscheidet. Nimmt man Fontanes Überzeugung hinzu, daß für die erzählende Kunst dieselben Gesetze gelten wie für die bildende Kunst und daß zwischen der Darstellung in Worten und in Farben kein Unterschied besteht 5 , so wird man vermuten dürfen, daß der Einfluß der Kunst und der aus ihr abgeleiteten Wertmaßstäbe auf Fontanes erzählerische Dispositionen nicht unwesentlich gewesen sind. Gewiß läßt sich die Rezeption bestimmter Prinzipien der bildenden Kunst durch den Erzähler nicht genau ermitteln; wohl aber ist es möglich, hier und dort die Verwendung neuer Erzähltechniken vor dem Hintergrund kunsttheoretischer Grundsätze zu sehen. Dazu gehört im Werk Fontanes beispielsweise und nach des Autors eigenem Bekenntnis die raum- perspektivische Figurenanordnung und -ausführung, von der er in der eingangs zitierten Briefstelle spricht. Nächst den Haupt- beziehungsweise Vordergrundgestalten sind die bedeutendsten unter den Nebenfiguren jene, die den szenischen Mittelgrund ausfüllen, Mittelgrundflguren oder Mittelflguren, wie Fontane sie auch gelegentlich nennt. Sie sind mit Vischers Worten 7 dieErscheinungen, welche, in einem mittleren Maaße von bloßer Andeutung und voller Ausführung gehalten, die Hauptgruppe umgeben. Die an der Peripherie, im Hintergrund des Geschehens agierende Figuren sind die Hintergrundflguren, deren Darstellung an Schärfe abnimmt, je weiter sie sich vom Zentrum, vom Vordergrund entfernen. Diese verschiedenen Rangordnungen heben sich freilich mehr theoretisch als praktisch so bestimmt voneinander ab; im ausgeführten Kunstwerk selbst erscheinen die Grenzen letztlich fließend.

1. Figurenentwürfe

Über die Konzeption der wichtigsten Romangestalten war sich Fontane von vornherein in großen Zügen im klaren.Das Programmäßige, das Schemaaufstellen für die hinterher auftretenden Personen 8 gehörte immer zu seiner Vorarbeit. Sein Augenmerk richtete sich natürlich zu­nächst auf den Entwurf der Hauptgestalten. Die älteste Niederschrift im Notizenkonvolut' des .Allerlei Glück-Romans lautet beispielsweise:

New Novel

Dramatis personae:

1. Haus von v. W. in der L. Straße.

2. Contessa di Rombello. Ihre Vorgeschichte. Frl. Hemoth. Meroni. Wagener. Conte di Rombello. Mausoleum. Der römische Bild­hauer.

3. Der Abkömmling der Grafen von Toulouse (Dr. F.).

4. Graf Gaschin (Heydens Erzählungen; ein Schornsteinfeger folg* ihm als Teufel).

Wesentlich später ordnet Fontane die Skala der Hauptgestalten dieses Romans wie folgt an 10 :