Heft 
(1972) 14
Seite
426
Einzelbild herunterladen

Die anderen Romane auf der Liste sind von Scott, Fennimorc Cooper und Dickens. In der Vorrede zu den Hosen (1846) bemerkt Alexis ironisch, daß er nicht bereit sei, den Titel der Prüderie der Zeit zu opfern. Für viele Leser von Fontanes berühmtem Roman wird dies der einzige Hin­weis auf den unbekannten Alexis und seine Romane sein. Fontane jedoch hatte sich schon seit längerer Zeit in Alexis Werke vertieft und später einen seiner tiefschürfendsten literarischen Aufsätze über Alexis geschrie­ben, der in vieler Hinsicht eine Art Auseinandersetzung mit seiner eignen entfaltenden Kunst als Romanschriftsteller wurde. Die Wert­schätzung erschien zuerst 18723 im Salon, später in bearbeiteten Fas­sungen zweimal 1883 und einmal 1898 (in der Täglichen Rundschau). Die bekannteste Fassung jedoch wurde erst 1908 vom Nachlaß veröffent­licht 2 . In seinem Buch The Influence of Walter Scott on the Novels o1 Theodor Fontane (1922, neue Aufl. 1966) zitiert Shears eine fragwürdige Behauptung von Tschirsch 3 , daß Fontane nach eigener Aussage Alexis' Werke erst in seinen späteren Jahren kennenlemte. Das tiefe Verständ­nis für Alexis Werke im Aufsatz zeigt jedoch, daß Fontane sich mit Alexis Romanen seit längerer Zeit beschäftigt haben muß und zwar in den Jahren, bevor er seine edgenen Romane schrieb und bevor er den Aufsatz über Alexis zum erstenmal (1872) veröffentlichte. Von dem Artikel kann man schließen, daß Fontane Alexis Freunde zu Rate gezogen hatte, besonders Kletke und Voller^ und daß er Alexis Werke kritisch aber mit Anerkennung gelesen hatte. Vermutlich begann der Aufsatz als eine Art Nachruf, denn Alexis starb Ende 1871 halb verschollen als Dichter und Mensch. Als Einleitung in der Wertschätzung schildert Fontane eine zufällige und flüchtige Begegnung mit Alexis, eine Erinne­rung aus seinen Swinemünder Kinderjahren (182732). Er war mit Spiel­kameraden nach Heringsdorf gewandert:

Eines Tages ... begegneten wir ... einem Herrn im jagdgrünen Rock und Gebirgshut. Er war kaum mittelgroß, brünett, der Kopf steckte in den Schultern, die Augen dunkel, aber von einem freundlichen Glanz. Er erwiderte unseren Gruß, trat an den Größten und Hübschesten unter uns heran ... streichelte ihm das lange, blonde Haar, trug ihm Grüße an die Eltern auf und stieg dann hinunter, dem Strande zu.Wer war das?Er hat unsere Villa gekauft; er heißt Häring, aber sie nennen ihn Willibald Alexis.Der? sagt ich. Ich kannte seinen Namen wohl; mein Vater war all die Zeit über ein Walladmor-Bewunderer gewesen. Ich blickte dem Dahinschreitenden nach; der erste Dichter, den ich sah. Sein Bild ist mir deutlich im Gedächtnis geblieben. Wer mir damals gesagt hätte, daß ich vierzig Jahre später über ihn schreiben würde, über ihn und über Bücher, die damals noch nicht geschrieben waren!

Abgesehen vom Alexisartikel selbst erwähnte Fontane den verstorbenen Dichter in Artikeln und in Besprechungen, Briefen usw., manchmal meh­rere Male im Jahr, 1872, 1874, 1876, 1878, 1880, 1883, 1889, 1893, 1898° Fontane schrieb sein erstes Gedicht im Alter von fünfzehn Jahren und behandelte die Schlacht bei Hochkirch, die Alexis in Cabants (1832) mit großer Anschaulichkeit beschrieben hatte 7 . Fontanes sich s:lbst zu-

426