Heft 
(1972) 14
Seite
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geschriebenes Erstlingswerk jedoch war ein Schulaufsatz ,Die Schlacht bei Großbeeren 1 , den er 1834 als Unter-Tertianer verfaßte, nachdem er das Schlachtfeld selbst besichtigt hatte*. Sein Lehrer Philipp Wackernagel gab ihm dafür das ungewöhnliche LobRecht gut. Es sollte bemerkt werden, daß Alexis ursprünglich die Absicht hatte, nach Ruhe ist die erste Bürgerpflicht (1852) und Isegrimm (1854) einen weiteren Roman Croßbeeren zu schreiben, um eine Trilogie zu bilden, durch Krankheil jedoch auf seinen Plan verzichten mußte und statt dessen den Aufsatz .Die Schlacht bei Groß-Beeren' schrieb, der 1854 im Deutschen Volks­kalender (Leipzig) erschien.

In seinem Buch über Scott und Fontane bemüht sich Shears, den starken Einfluß Scotts auf Fontane hervorzuheben und den Unterschied zwischen Fontane und Alexis zu betonen. Zum Ausgleich wäre es hier angebracht, in kurzer Form auf einige ähnliche und parallele Züge zwischen den preußischen Dichtern hinzuweisen. Beide waren bürgerlicher Herkunft und stammten von französischen Hugenotten ab. Beide erkannten Berlin als Wahlheimat an, obgleich Berlin nicht ihr Geburtsort war. Beide lasen Scotts Romane mit großem Eifer, studierten Form und Struktur dieser Romane und eigneten sich die Technik des .negativen 1 oder .passiven 1 Helden, die sie dort fanden, an. Alexis schrieb lange und ausführliche Sammelbesprechungen von Scotts Romanen und ahmte seine Methode bewußt in Walladmor (1824) und Schloß Avalon (1827) nach. Kurz nach 1848 lernte Fontane Scotts Minstrelsy of the Scottish Border kennen, der mit Percy's Reliques of Ancient Poetry zusammen seine literarische Richtung und seinen persönlichen Geschmack jahrelang bestimmte 9 . Es dürfte daraus folgen, daß es unmöglich ist, den Einfluß von Scott und den Einfluß von Alexis auf Fontane klar voneinander zu trennen. Sowohl Fon­tane als auch Alexis interessierten sich für Standesprobleme. Fontane ist mehr anti-bürgerlich als Alexis; Alexis ist mehr als Fontane dazu bereit, positive Züge im Adel zu sehen. Beide betonen die Urkraft des Volks, der Bauern und Arbeiter. Beide schrieben Balladen, Fontane mit schot­tischen und preußischen, Alexis mit hauptsächlich preußischen Themen. Fontane schätzte besonders Alexis Balladen .Fridericus Rex 1 und .General Schwerin 1 . Alexis übersetzte Scotts längere Balladen Die Jungfrau vom See und Das Lied des Letzten Minstrels. Fontane übertrug frei alteng­lische Balladen 10 . Alexis veröffentlichte seine gesammelten Balladen 1836 im Alter von 38 Jahren, Fontane 1861 im Alter von 42 Jahren.

Für beide spielte Großbritannien eine bedeutende Rolle in ihrem schöpfe­rischen Werk. Alexis war nie in England, aber veranscnaulichte seine historische Vergangenheit glänzend und überzeugend in Schloß Avalon, wo die Handlung sich in den letzten Jahrzehnten des siebzehnten Jahr­hunderts abspielt. Kurze Zeit nach einem Besuch in England schrieb Heine 1830:

Obgleich England von deutschen Novellendichtern oft geschildert wird, so ist doch Willibald Alexis der einzige, der die dortigen Lokalitäten und Kostüme mit treuen Farben und Umrissen zu geben wußte. Ich glaube, er ist nicht einmal im Lande selbst gewesen, und er kennt dessen Physiognomie nur durch jene

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