Theodor Fontane
Unveröffentlichte Briefe an Pol de Mont
Ein Beitrag zu Fontanes Theorie der Ballade*
Mitgeteilt von Jean Gomez (Lüttich)
Im Nachlaß Theodor Fontanes taucht ein paarmal ein Name auf, den kein Verzeichnis der Fontaneforschung erwähnt. 1889 äußert sich der Dichter in zwei Briefen an seine Tochter Martha über einen gewissen Pol de Mont, den er seinen „Freund“ nennt und den er offensichtlich hochschätzt 1 . Im selben Jahr berichtet ein Haushaltsbuch der Emilie Fontane (im Fontane-Archiv), daß dieser Pol de Mont die dritte Auflage der Gedichte ihres Mannes geschenkt bekommen habe. 1942 schließlich veröffentlicht die Zeitschrift „Europäische Literatur“ einen kurzgefaßten, 1896 geschriebenen Brief Fontanes an de Mont, der jedoch über die Beziehungen zwischen beiden Freunden so gut wie nichts aussagt. Viel interessanter dagegen ist eine Fußnote der Redaktion, aus der hervorgeht, daß die an de Mont gerichteten Briefe des märkischen Dichters „als Geschenk von Reichsminister Dr. Goebbels“ der Stadt Antwerpen übergeben wurden 2 .
Auf eine Anregung von Herrn Joachim Schobeß habe ich mich vor etwa zwei Jahren mit dem Antwerpener „Archief en Museum voor het Vlaamse Cultuurleven“ in Verbindung gesetzt. Das Ergebnis der unternommenen Nachforschungen war dürftig: nur zwei Briefe, vom 17. Dezember 1889 bzw. vom 12. Januar 1896, wurden gefunden 3 . Vor kurzem sind aber acht weitere Briefe in den Beständen des flämischen Archivs entdeckt worden. Die zehn vorliegenden Briefe sind unveröffentlicht. Während manche dieser Briefe nur die Freundschaftsbeziehungen zwischen beiden Briefpartnern ausleuchten, sind andere von viel größerem Wert für die Forschung, da sich an ihnen Fontanes Theorie der Ballade ablesen läßt. Pol de Mont selbst hat sich in einem Aufsatz, 1891 anläßlich der dritten Auflage der Gedichte Fontanes veröffentlicht, auf die Briefe berufen 4 .
Bevor auf den Inhalt der Briefe eingegangen wird, ist es wohl angebracht, zunächst einen Blick auf Pol de Monts Leben und Werk zu werfen, Umso mehr als der Name des flämischen Dichters manchem ausgewiesenen Fontaneforscher unbekannt zu sein scheint. Auf die Erwähnung Pol de Monts im Haushaltsbuch angeschrieben, antwortete ein namhafter Fontanespezialist allen Ernstes, vielleicht habe man nicht genau gelesen und Fontane habe sich ein Paletot gekauft, dessen Preis Emilie eingetragen habe! 5
Maria Polydoor Karel de Mont wurde in Wambeek (Brabant) am
* Herrn Joachim Schobeß in Potsdam, der diese Veröffentlichung mit Rat und Tat unterstützte, bin ich zu besonderem Dank verpflichtet. Dem Antwerpener „Archief en Museum voor het Vlaamse Cultuurleven“, das mir Fotokopien zur Verfügung stellte, sowie dem Aachener Stadtarchiv, das mir die Briefe lesen half, danke ich ebenfalls sehr herzlich. ■«
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