Berlin 27. Febr. 87 Potsdamer Straße 134.C. Empfangen Sie, hochgeehrter Herr Professor, meinen ganz ergebensten Dank für Ihren Essay über die deutsche Ballade, den Sie anläßlich der Skalden-Klänge geschrieben und mir in einem Separatdrucke (so ver- muthe ich) gütigerweise geschickt haben 9 . So mittelmäßig das von einer ganz Unberufenen zusammengestellte Buch ist, die, glaube ich, keine keine 10 Ahnung von dem Wesen einer Ballade hat, so wohlthuend und erquicklich ist Ihre den Gegenstand allgemeiner fassende Besprechung. Ueberall war ich so glücklich Ihnen zustimmen zu können, nicht zum wenigsten in der Parallele zwischen mir und Dahn, dem ich die von Ihnen hervorgehobenen Vorzüge, besonders die größere Sicherheit des Geschmacks, gern und neidlos zugestehe. Meine Jugend — in der die meisten meiner Balladen entstanden — fällt noch in eine Zeit, wo die von Anastasius Grün, Karl Beck und Freiligrath herstammende Bilder- wuth, wie eine Kinderkrankheit grassirte. Das liegt mir nun selber weit zurück und manches damals gebrauchte Bild genirt mich jetzt. Aber es ist da und man muß es laufen lassen. Unter Wiederholung meines Dankes, in vorzüglicher Ergebenheit Ihr
Th. Fontane
Berlin 9. März 87 Potsdamer Straße 134.C.
Hochgeehrter Herr Professor.
Ergebensten Dank für Ihre freundliche Zusendung 11 . Seit Wochen krank, habe ich — weil mich alles Lesen, und nun gar in einer fremden Sprache, sehr anstrengt — in das Liederheft nun erst hineingeblickt und mich auf die Lektüre des Einleitungsgedichts beschränkt. Das hat mir aber sehr gefallen, hat mich in Schilderung und Ton an Klaus Groth erinnert (den ich als Dichter sehr verehre; als Mensch ist er nicht sehr nach meinem Geschmack) und hat mir, hinsichtlich des Verständnisses, weniger Schwierigkeiten gemacht, als ich befürchtete. Ich freue mich, bei wiederhergestellter Gesundheit die Lektüre fortsetzen zu können. Besonders neugierig bin ich auf das terzinenartige III. Stück. Unter Wiederholung schönsten Dankes in vorzüglicher Ergebenheit
Th. Fontane
Berlin 15. April 87 Potsd. Str. 134.C.
Hochgeehrter Herr Professor.
Erst etwas spät komme ich dazu, Ihnen für Ihr „Zanneken Craeynest“ 12 zu danken; ich wollte es doch ordentlich lesen und das ist in einer fremden Sprache, wie nahe sie unserem mecklenburgischen und holsteinischen Plattdeutsch stehen mag, doch immerhin schwer. Meine Tochter hat es zuerst durchexerziren und mir den Inhalt erzählen müssen, und dann erst sind wir, nach hergestelltem Verständniß, an die Lektüre, will sagen an Klang und Vortrag herangetreten. Vieles bleibt einem natürlich süßes Geheimniß, aber lange Beschäftigung mit diesen Dingen bildet doch feine Nerven in den Fingerspitzen aus und unschwer fühle ich es den Sachen ab, wie’s damit steht. Und so darf ich dann, trotz allem was mir zu voller Würdigung Ihrer Dichtung fehlt, wohl sagen, daß sie mir durch die beiden Eigenschaften imponirt, die — wenigstens
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