auch seinem Inhalte nach 20 . Etwa ein Drittel ist neu. Die neu hinzugekommenen Lyrica folgen hintereinander fort von Seite 32 bis 57, die neuen Balladen sind an den verschiedensten Stellen einrangiert. In der Abtheilung „Nordisches“ ist das Meiste neu und hierauf möchte ich Ihre freundliche Aufmerksamkeit zunächst hinlenken. Es ist das Gebiet, auf dem Sie selber ein so hervorragender und den Ton so sicher treffenden Meister-Spezialist sind. Ich glaube von diesen neuen nordischen Balladen sagen zu dürfen, sie sind „virtuos“ behandelt, ein Wort, das noch mehr Tadel als eitles Selbstlob umschließt. Weiterhin, in der „Brück am Tay“, „John Maynard“, auch in den zwei Walter Scott-Gedichten, in „Alte Fritz-Grenadieren“, „Märkisches Reimen“, den vier Gedichten auf Kaiser Frandrich und endlich in „Herr Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ (am Schluß der märkisch preußischen Abtheilung) habe ich den Versuch gemacht, mehr oder weniger moderne Stoffe, zum Theil allermodernste, in die Balladenbehandlung hineinzuziehen. Auch unter den „Gelegenheit- lichen“ ist vieles neu.
Die Hauptsache bleibt mir immer, wie Sie, hochgeehrter Herr Professor, der Sie für Balladenstil und Balladenton ein so feines Ohr haben, in Ihrem Urtheil sich zu dieser Frage stellen werden. Hab’ ich es in „Admiral Herluf Trolles Begräbniß“ getroffen oder nicht getroffen und sind Sie einverstanden — und zwar nicht nur im Prinzip, sondern auch in der Spezialausführung — mit der balladesken Behandlung so vieler aus der Tageschronik oder dem neuesten Zeitungsblatt entnommenen Stoffe? Haben Sie Bedenken dagegen, so verschweigen Sie mir diese Bedenken nicht. Urtheil, auch tadelndes, wenn aus einer liebenswürdigen Seele heraus, steht mir höher als Lob. Vielleicht darf ich solchem Urtheil, zu dem niemand berufener ist als Sie, entgegensehen.
In vorzüglicher Ergebenheit
Th. Fontane
Berlin 21. Febr. 91 Potsd. Str. 134.C.
Hochgeehrter Herr.
Allerlei Störendes, das diese letzte Woche brachte, läßt mich erst heute dazu kommen, Ihnen für all die freundlichen Worte zu danken, die Sie für mich gehabt haben, sogar unter liebenswürdigem Eingehen auf allerlei Fragen, die ich mir vor Jahr und Tag zu stellen erlaubte 21 . Es erfüllt mich mit großer Freude, mich überall in Übereinstimmung mit Ihnen zu wissen, was mich, nach Ihren eigenen Dichtungen, so weit ich Sie kennen lernte, freilich nicht überraschen darf. Nur die stoffliche Erweiterungs- und Ausdehnungsfrage konnte allenfalls zu einer Meinungsverschiedenheit führen und es gereicht mir zu einer besonderen Genugtuung, auch da mit Ihnen d’accord zu sein. Gestatten Sie mir mit diesen Zeilen einen vor zwei, drei Monaten von mir erschienenen Roman zur Post geben zu dürfen, nur als ein Zeichen meiner Hochachtung, frei von nebenherlaufenden Wünschen 22 .
In vorzüglicher Ergebenheit
Th. Fontane
Gottfried Will’s Logierhaus. Kissingen 4. Juni 91
Hochgeehrter Herr.
Seit gestern bin ich hier in Kissingen und in etwa 5 Wochen in Berlin zurück, wo ich mich gleich an den Chefredakteur d. Vossischen Zeitung
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