genannt werden, und er bemerkt dazu, Fontane habe der Volksdichtung einiges entnommen, er habe jedoch „jeweils dem anderswo Entlehnten so viel von seiner eigenen Originalität hinzugefügt, daß es zu einer neuen, eigenständigen Schöpfung gekommen sei“ 30 . Als typisches Beispiel zieht Pol de Mont die Ballade „Harald Harfager“ heran, die er vollständig zitiert.
Daran anknüpfend, beantwortet Pol de Mont die im Brief vom 17. Dezember 1889 gestellte Frage, ob er mit der Ausdehnung des Stoffbereichs auf die „Tageschronik oder das neueste Zeitungsblatt“ einverstanden sei. Es sei „ein höchst glücklicher Gedanken“, den Horizont der Balladendichtung durch das Beifügen von Themen aus dem 19. Jahrhundert zu erweitern“. Wohl könne die Ballade dabei „eine ihrer größten Anziehungskräfte, das Geheimnisvolle verlieren“, dem sei aber durch „die größere Elastizität der formalen Mittel“ abzuhelfen 31 . Eben dies sei Fontane vollkommen gelungen. Um seine Antwort zu rechtfertigen, führt Pol de Mont ein weiteres Gedicht an, diesmal „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“.
Der Briefwechsel und der Beitrag zeugen also von der Bewunderung des flämischen Dichters nicht nur für Fontanes Kunst, die über jeden Zweifel erhaben sei, sondern auch für dessen kritisches Urteil. Im Kommentar de Monts findet sich aber auch die Erkenntnis der eigenen Unfähigkeit, der Ballade einen persönlichen Akzent zu geben. Darüber hinaus ist klar zu erkennen, daß auch de Monts Theorie der Ballade das „Essentielle“ völlig fehlt: in seinem kritischen Beitrag äußert er keine persönlichen Ansichten; er begnügt sich einfach damit, gerade die Ideen und Vorstellungen unverändert wiederzugeben, die ihm durch Fontane vermittelt wurden!
Anmerkungen
1 Briefe an die Tochter Martha (Mete) Fontane
a) Datiert 22. Mai 1889: „Die 5 Ländchen im Havelland heißen: Friesack, Bellin, Glin, Rhinow und Nußwinkel — für künftige feine Tisch-Unterhaltungen fast so fein wie Pol de Mont, doch ist letztrer noch um einen Grad feiner und ich hätte Dich wohl über ihn peroriren hören mögen. So kommt einem alles mal zu Nutz. Übrigens weiß ich nicht ob er Mont oder Monts heißt.“
b) Datiert 17. Februar 1891: „Gestern erhielt ich eine lange Kritik von meinem vlämischen Freunde Pol de Mont über meine ,Gedichte*. Ich schicke sie Dir morgen, denn es amüsiert einen sich in das Vlämische hineinzulesen; zuletzt versteht man es ganz gut.“
2 Zeitschrift „Europäische Literatur“ 1942. Jahrgang 1 / Heft 5. S. 9.
3 Diese Briefe wurden in den „Fontaneblättern« angezeigt: Band 2. Heft 1. S. 55.
4 Pol de Mont: „Theodor Fontane“. In: Pol de Mont, „Een bundel letterkundige opstellen“ Gent 1914. S. 186-206. Dieser Artikel erschien bereits 1891 in der flämischen Zeitschrift „De Toekomst“.
5 Diese Tatsache hat mir Herr Joachim Schobeß erzählt.
6 Pol de Mont hat etwa 15 Gedichtsammlungen veröffentlicht. Zu den bekanntesten gehören „Lentesotternijen“ (1881), „Fladderende Vlinders“ (1885), „Clari- bella“ (1893), „Iris“ und „Dichterlente“ (1917).
7 Besonders bekannt sind: „Losse schetsen uit de letterkundige geschiedenis van onzen tijd“ (1889-90), „Drie groote Vlamingen“ (1911), „Een bundel letter-