ein Schlächterhaus. ... Ein Tag ist mir noch deutlich im Gedächtnis. Ich stand auf dem Hausflur und sah, durch die offenstehende Hintertür, auf den Hof hinaus, wo gerade verschiedene Personen, quer ausgestreckt, über dem schreienden Tier lagen. Ich war vor Entsetzen wie gebannt, und als die Lähmung endlich gewichen war, machte ich, daß ich fortkam, und lief die Straße hinunter durch’s Tor auf den ,Weinberg“ zu.“ 20 Die einzige Straße, die schnurgerade auf das Rheinsberger Tor zulief, war aber die damalige Friedrich-Wilhelm-Straße (jetzt Karl-Marx- Straße). Daß die Wohnung im nördlichen Teil dieser Straße in der Nähe des Rheinsberger Tores liegen mußte, geht aus einer anderen Bemerkung Fontanes hervor: Als die Eltern zu einem kleinen Diner, „ganz am entgegengesetzten Ende der Stadt“, geladen waren, entstand hinter dem Rheinsberger Tor ein großer Scheunenbrand. Die Mutter wähnte ihre Kinder in Lebensgefahr und „stürzte von der Tafel fort die lange Friedrich-Wilhelm-Straße hinunter.“ 21
Genaueres über die Lage erfahren wir aus einer Annonce im „Ruppin- schen Anzeiger“ vom 23. Mai 1827 (denn vor dem Umzug nach Swinemünde sollte noch ein Teil des Hausrats verkauft werden): „Am 7ten des künftigen Monats werde ich von früh 9 Uhr an den größten Theil meines Mobiliars gegen gleich baare Zahlung in Courant meistbietend verkaufen lassen (folgt Aufzählung der Gegenstände). Ich ersuche die resp. Kaufliebhaber, sich gedachten Tages recht zahlreich in meiner Wohnung, Friedrich-Wilhelm-Str. Nr. 307, einfinden zu wollen. L. Fontane, Apotheker.“ An Hand eines lehr lückenhaften Häuserverzeichnisses der Feuersozietät und einer Aufstellung der Gewerbetreibenden aus dieser Zeit konnte dann G. Peter feststellen, daß dieses Haus Nr. 307, damals dem Fleischermeister Johann Dannenberg gehörig, identisch ist mit dem heutigen Haus Karl-Marx-Straße 94.
4. Elementarschule und Gymnasium (jetzt „Fontaneschule“)
„Um eben diese Zeit kam ich in die Klippschule. 22 Wo diese sich in Neuruppin befand, hat sich bisher nicht feststellen lassen. Sicher ist nur, daß unter der Vielzahl der damaligen privat geleiteten Elementarschulen verschiedener Güte die des Kandidaten Gerber („Er machte von seinem Namen weiter keinen Gebrauch und war überhaupt sehr gut. 23 ) eine Art Vorbereitungsschule für das Gymnasium bildete (1827 mit Th. F. 26 Knaben).
Das Gymnasium sollte Theodor erst 5 Jahre später Ostern 1832 (bis Herbst 1833) von Swinemünde aus kennenlemen. „Unter den wenigstens durch Ausdehnung hervorragenden Gebäuden der Stadt nimmt das Gymnasium den ersten Rang ein. Es wurde nach dem Brande von 1787 auf einem Platzviereck errichtet, auf dem wenigstens drei Kölner Dome hätten stehen können, und empfing die Inschrift: Civibus aevi futuri“ 24 . (Den Bürgern der kommenden Zeit, 1790), so prangt es in vergoldeten Lettern seit mehr als 180 Jahren an dem Schulgebäude, das in beherrschender Stellung und an bevorzugter Steile den Mittelpunkt Neuruppins wie ein kleines vornehm-schlichtes Schloß ziert. Nach dem großen Stadtbrande 1787 stellten im Zeitalter der Aufklärung die Schöpfer der
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