Heft 
(1972) 15
Seite
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Stadtschule. Das Ober-Baudepartement hatte die Bau-Kosten aut 21 481 rth 22 gg 7 Pf errechnet. Aus dem nun folgenden Schriftwechsel geht einwandfrei hervor, daß das neue Schulhaus nach der Grundriß­zeichnung des Bauinspektors Brasch, die architektonische Gestaltung und Verzierung jedoch nach Entwürfen des Bau-Assessors Berson Berlin (später Oberbaurat) entstand. In verhältnismäßig kurzer Bauzeit wurde es auf dem damaligenWilhelm-Platz errichtet. Es bietet mit seiner schlicht und edel gegliederten Fassade in harmonischen Verhält­nissen ein eindrucksvolles Bild. Von 25 Fensterachsen entfallen je 3 auf schwachvortretende Endrisalite, die 3 mittleren auf das Hauptrisalit, das durch ein Rundbogenportal und ein flaches Giebeldreieck mit Relief­schmuck um ein Zifferblatt ausgezeichnet ist und von einem zierlichen laternenartig geöffneten Türmchen überragt wird. Die Hauptfront ist 200 Fuß (= 63 m) lang, die Seitenflügel waren beide ursprünglich 100 Fuß lang (die Durchfahrt an der Nordseite wurde später zugebaut). Ein längerer Briefwechsel entspann sich zwischen dem Bürgermeister Noel- dechen und dem Minister wegen Anbringung einer Schlaguhr und eines Glockentürmchens als Ersatz für noch fehlende Kirchtürme. Der Minister bewilligte endlich die Mehrkosten und gab dem Wunsche der Bevölke­rung nach, dieses Türmchen als Erinnerungszeichen der Turmkuppel der abgebrannten Marienkirche nachzubilden. So kam das Schulgebäude zu seinem barocken Türmchen, das stilmäßig eigentlich nicht zu den übrigen frühklassizistischen Formen paßt. Die Ausgestaltung des Giebelfeldes übertrug man dem italienischen Stukkateur Sartoni. Das feine allegorische Bild mit Chronos, dem greisen Gott der Zeit, und den fleißigen Putten sollte sich vor allem an die Schüler richten und das Wort versinnbildlichen:Nütze die Zeit!

Am 24. November 1791 wurde mit einer feierlichen Einweihung in Gegenwart des Staatsministers v. Voß das Gebäude seiner Bestimmung übergeben. Es enthielt damals sieben Klassenräume rings um die Eingangshalle, einen Schulsaal sowie Bücher- und Lehrmittelräume im Nordflügel, ferner 6 Lehrerwohnungen, 1 Lehrerwitwenwohnung und 1 Schuldienerwohnung. Heute befindet sich nur noch eine Hausmeister­wohnung im Gebäude, alle übrigen Wohnungen wurden im Laufe der Zeit zu Schulräumen und polytechnischen Kabinetten umgebaut, oft nur Kompromißlösungen, die mit einem modernen Schulbetrieb nicht immer ganz vereinbar sind. Auch die innere Balkenlage und die schweren Lehmstakendecken sind im Laufe der 180 Jahre stark reparaturbedürftig geworden. Aber für das Äußere der Schule, die seit 1949 den Namen Fontaneschule trägt, gilt auch heute noch bedingt das Wort des Historikers Bratring (um 1800):Wenig Provinzialstädte in Deutschland dürften ein ähnliches, geschmackvolles Schulgebäude aufzuweisen haben.

5. Die NeuruppinerPension

Es war beschlossen, mich auf das Ruppiner Gymnasium zu bringen; dort hatten wir noch Anhang und gute Freunde, die mich, vor allem das Predigerhaus, in das ich in Pension kam, in Obhut nehmen sollten. ... ein Prediger-, ja genauer genommen sogar ... ein Superintendenten-

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