Joachim Schobeß (Potsdam)
Theodor Fontane und der Revolutionär Max Dortu waren Regimentskameraden
Als Theodor Fontane 1843 in Leipzig seine Tätigkeit als Apotheker aufgab, um in die väterliche Apotheke in Letschin im Oderbruch zurückzukehren, machte er in Berlin Zwischenstation. Hier meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger beim Kaiser Franz-Garde-Grenadier-Regiment, um sein Militärjahr, „das abzumachen höchste Zeit war“ 1 , abzuleisten. Am 1. April 1844 trat Fontane in dieses Regiment ein. Hans-Heinrich Reuter schreibt: „Eine spezifische Neigung war bei dieser Wahl mit im Spiele gewesen. In dem bereits früher erwähnten Lebenslauf aus dem Jahre 1874 hob Fontane hervor: ,Das Regiment Franz war immer das literarische Regiment der Berliner Garnison. 1 Fontane war kein schlechter Soldat, soweit die rein militärische Seite des Dienstes in Betracht kam. Zeit seines Lebens galt sein historisches Interesse auch der Militärgeschichte, ja der Militärwissenschaft. Seine späteren Werke, angefangen von den .Wanderungen“, enthalten zahlreiche gründliche und exakte Partien, insbesondere kritische Feldzugs- und Schlachtenanalysen.“ 2 Sicher, Fontanes Bücher über die Kriege 1864, 1866, 1870/71, an denen er als Kriegsberichterstatter teilnahm, waren ihm nicht, wie die „Wanderungen“ eine Herzenssache. Ihn trieben die Lust des Erlebens, des Schauens und der pekuniäre Anreiz der Schriftstellerei hinaus. Als wahrheitsgetreuer Chronist wollte er z. B. 1870 die Taten der deutschen Armeen der Nachwelt übermitteln. Aber Fontanes Kriegsbücher, wir beziehen hier auch die Erlebnisberichte „Kriegsgefangen“ und „Aus den Tagen der Okkupation“ ein, zeichnen sich durch das ehrliche Bemühen aus, dem Gegner, insbesondere dem französischen Volk und seinen nicht minder tapferen Soldaten, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Sie künden von der Reife des Schriftstellers. 3 Fontane lehnte jeden Chauvinismus und Völkerhaß ab. Als er im hohen Alter zwei Bücher von Stieler und Pietschker über den Krieg 1870/71 las, schrieb er an Otto Neumann-Hofer: „Beide haben mich stellenweise durchaus interessiert, aber mich auch ebenso oft verstimmt, der eine durch seinen hochgradigen Borussimus, der andere durch .Deutschland, Deutschland über alles“ — das eine wie das andere macht mich nervös. Darüber zu schreiben, war mir unmöglich.“ 4
Doch wir eilen unserem Thema voraus. Ein Bataillon der „Franzer“, das 1831 vorübergehend in Swinemünde stationiert war, hatte bereits das Interesse des Schülers Theodor Fontane gefunden, der bekanntlich in dieser Ostseestadt — hier besaß der Vater die Adler-Apotheke — seine glücklichsten Jugendjahre verlebte. Der Knabe versuchte vergeblich, den ihm unverständlichen gelben Namenszug auf den roten Schulterklappen der Mannschaften zu enträtseln. 5
Fontanes Kompanie-Leutnant war sein späterer Duzfreund Bernhard von Lepel (1818—1885) 6 , der ihn im Mai 1844 in den literarischen Berliner
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