Heft 
(1972) 15
Seite
495
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Als Grenadier

Es krankt, seit des Gefreiten Scheere Mir meine Locken fortgeputzt,

Mein Flügelpferd an einer Schwere,

Als war es mit mir zugestutzt.

Je steifer nach dem abgehackten Kalbfell den Fuß ich setzen muß,

Je steifer wird nach solchen Takten Auch allemal mein Pegasus.

Jetzt hat man Rock und Helm, den blanken, 10 Mit all und jedem schon gemein;

Und gings, man nähte die Gedanken Auch gern in Uniformen ein.

In seinen ErinnerungenVon Zwanzig bis Dreißig schreibt Fontane in dem AbschnittBei .Kaiser Franz 1 u. a.:Eine bestimmte Zahl von Wachen war für jeden Freiwilligen vorgeschrieben, und eine davon ist mir in Erinnerung geblieben und wird es auch bleiben, und wenn ich hundert Jahre alt werden sollte. Das war eine Wache im Juni, vielleicht auch Juli, denn die Garden waren schon ausgerückt, und, mit Ausnahme der auf der .Kommission arbeitenden Schuster und Schneider, waren für den hauptstädtischen Wachdienst nur Freiwillige da, die man damals noch nicht mit in das Manöver hinausnahm.

An einem sehr heißen Tage zogen wir denn auch, wohl dreißig oder vierzig Mann stark, auf die Neue Wache, lauter Freiwillige von allen drei Bataillonen. Ein schneidiger älterer Offizier war auserwählt, uns in Ordnung zu halten. Alles ging gut, und neue Bekanntschaften wurden angeknüpft, denn es kannten sich bis dahin nur die, die demselben Bataillon angehörten. Unter den Freiwilligen des ersten Betaillons war ein junger Studiosus juris namens Dortu, Potsdamer Kind, derselbe, der, fünf Jahre später, wegen Beteiligung am badischen Aufstand in den Festungsgräben von Rastatt erschossen wurde. Der Prinzregent unser späterer Kaiser Wilhelm, als er das Urteil unterzeichnen sollte, war voll rührender Teilnahme, trotzdem er wußte oder vielleicht auch weil er wußte, daß der junge Dortu das Wort .Kartätschenprinz 1 aufgebracht hatte. Das Urteil umstoßen ging auch nicht, aber das tiefe Mißbehagen, in dem der Prinz sich befand, kleidete er in die Worte: .Dann mußte Kinkel auch erschossen werden. 111 Das war neunundvierzig. Damals aber Juli vierundvierzig... wie fern lag dieser Tag!

Ein eigenartiger Zufall will es, daß sich das Theodor-Fontane-Archiv seit 1956 Wand an Wand mit dem Geburtshaus Max Dortus, heute Dortu- straße 29 (bis 1945 Waisenstraße, so genannt nach dem Potsdamer Mili­tär-Waisenhaus, das sich seit 1722 in dieser Straße befand) steht. Dem alten Fontane, derVon Zwanzig bis Dreißig ab 1894 aus der Erinne­rung niederschrieb, sind erwiesenermaßen manchmal in der Datierung und Darstellung der Erlebnisse Fehler unterlaufen, so auch im Falle des Regimentskameraden Max Dortu, wie wir noch im einzelnen zu beweisen haben.