„kgl. preußischen Operationsarmee am Rhein“ unterschrieb (nicht Prinz Wilhelm, der auch damals noch nicht Prinzregent war, wie Fontane schreibt), haben wir ein typisches Beispiel des durch die Reaktion herbeigeführten Wandels der preußischen Armee vom Befreiungs- und Volksheer 1813 zum königlich preußischen Machtinstrument der Krone und der herrschenden feudalen Klasse mit dem ausschließlichen Ziel der Unterdrückung der um demokratische Einigung kämpfenden Volksbewegung.
Moritz von Hirschfeld, ein Sohn des Siegers von Hagelberg 1813, hatte sich einst den fortschrittlichen nationalen Erhebungen Dörnbergs und Schills 1809 angeschlossen, floh nach deren Scheitern nach Spanien und kämpfte hier in der englisch-deutschen Legion gegen Napoleon. Theodor Fontane läßt von Hirschfeld im 43. Kapitel des Romans „Vor dem Sturm“ als Gast in der Dichtervereinigung „Kastalia“ auftreten und einen Abschnitt seiner Aufzeichnungen über das Gefecht bei Plaa vortragen. 1849 hatte der Freiheitskämpfer von 1809 und 1813 die Ideale seiner Jugend, die jetzt Max Dortu und dessen Mitstreiter verkörperten, vergessen und verraten und wurde zum Henker der demokratischpatriotischen Volksbewegung in Süddeutschland und am Rhein.
Da weder Vater noch Sohn es über sich bringen konnten, beim König um Gnade zu betteln, ein Rechtseinspruch gegen das Kriegsgerichtsurteil war unstatthaft, schrieb die verzweifelte Mutter an Friedrich Wilhelm IV. Der mit dem König bekannte Potsdamer Fabrikbesitzer Jacobs wandte sich ebenfalls an Friedrich Wilhelm. Er hatte eine besondere Verpflichtung: Als auf den Potsdamer Gewässern das Segelboot mit seinen drei Söhnen im Sturm kenterte, ertranken zwei, den dritten rettete Max Dortu unter Einsatz seines Lebens. Beide Gnadengesuche hatten keinen Erfolg. Der „Romantiker auf dem Königsthron“, wie Friedrich Wilhelm IV. genannt wurde, machte von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch und gab die Gesuche an das Staatsministerium weiter, das selbstverständlich ablehnte.
Die Erschießung Max Dortus war am 31. Juli 1849 um 4 Uhr auf dem Kirchhof Wiehre bei Freiburg i. Br. angesetzt. Der Abschiedsbrief an die Eltern schließt mit den Worten: „ ... ich sterbe voller Freude und Muth, weil ich für die Befreiung des Volkes gekämpft habe“. Hinter dem Wagen, auf dem Dortu zur Hinrichtungsstätte transportiert wurde, fuhr ein Wagen mit seinem Sarge. Über diese Gefühlsroheit erregten sich viele Gemüter in Deutschland. Am Friedhof stieg Max Dortu gefaßt vom Fuhrwerk und begab sich, gefolgt von seinem kleinen Hunde, zur Richtstätte. Zeugen berichteten, daß er dabei die linke Hand auf das Herz legte und die Rechte in die Seite stemmte. Dreimal hatte er geistlichen Beistand abgelehnt, weil er den Geistlichen der für Thron und Altar Partei ergreifenden Kirche seiner Zeit nicht für unparteiisch hielt. Er sagte zu dem Geistlichen: „Sie sehen, daß ich ruhig und gefaßt sein kann, obwohl ich die totale Überzeugung habe, daß ich ins Nichts gehe!“ Seine letzten Worte waren: „Brüder, zielt gut“, dann krachte die Salve, und er sank, durchbohrt von neun Kugeln, entseelt zu Boden.
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