Heft 
(1972) 15
Seite
517
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John Phillips (England, z. Zt. München)

James Hudson: Fontanes rätselhafter Bekannter

Wer den englischen Bekanntschaften Theodor Fontanes nachzugehen versucht, begegnet manchen Schwierigkeiten und Überraschungen. Im Tagebuch und in den Briefen Fontanes erfahren wir von einem gewissen James Hudson, der Hanover Square 12 wohnte; seiner Tochter erteilte der Dichter während seiner Londoner Zeit im Sommer 1852 Unterricht in der deutschen Literatur. Das Unterrichts-Honorar war nicht viel eine halbe Krone in der Stunde, aber Fontane konnte, was die Bezahlung anbetraf, keine höheren Ansprüche stellen, obwohl er in mancher finanzieller Verlegenheit war. Er mußte sich über jeden Schüler freuen, zumal in diesem Fall die Schülerin aus der Gesellschaft zu stam­men scheint. Ferner war der alte Hudson auch geneigt, den jungen Deutschen in seinem neuen, selbsterstrebten Beruf im fremden Lande zu fördern. Er versprach für ihn ein Zirkular herauszugeben, das in keinem geringeren Journal als dem berühmtenAthenäum erscheinen sollte. Aber der Erfolg ließ auf sich warten. Fontane war im Begriff, aufzugeben und die Heimreise anzutreten, als Hudson bei ihm erschien und erklärte, daß das Zirkular erst im nächsten Monat imAthenäum erscheinen würde. Fontane war beruhigt und blieb noch einen Monat in London.

Dies war aber nicht der einzige Versuch, den Hudson unternahm, um Fontane zu helfen. Er vermittelte dem jungen Schriftsteller auch die Möglichkeit, der Brentforder Parlamentswahl am 1. September 1852 bei­zuwohnen, welche Fontane im KapitelDie Middlesex-Wahl seines BuchesEin Sommer in London beschrieb und die, wie Hans-Heinrich Reuter meint, seinen dichterischen Niederschlag im Kapitel über die Rheinsberg-Wutzer Wahl inDer Stechlin später fand. 1 Außerdem wohnte Fontane der Wahl während der Unterrichtsstunden bei, die dann ausflelen, aber für die Hudson trotzdem bezahlte, genau so wie für das Zirkular, das er für Fontane herausgegeben hat. Fontane bestätigte in einem Brief an Emilie vom 6. August 1852:Der Alte hat mich wie ein Gentleman bezahlt". 2

James Hudson schien also Theodor Fontane mehrere Dienste erwiesen zu haben. Dies veranlaßte Fontane offenbar, sich während seines dritten und letzten Aufenthaltes in London, im September 1855, nochmals an Hudson zu wenden. Aber ohne Erfolg. Hudson war verreist, wahrschein­lich, wie Fontane in einem Brief vom 19. September 1855 an Dr. Ludwig Metzei berichtet, nach Paris. 3 Gerade in diesem Brief versäumt Fontane nicht zu erwähnen, wie es ihm fehle,den Rat und die Unterstützung eines feinen, literarisch gebildeten und selbst schriftstellerisch tätigen Mannes im Moment nicht in Anspruch nehmen zu können. Wer aber war dieser James Hudson? Was ist mit ihm dann geschehen? In den Schriften Fontanes wird er später nicht mehr erwähnt.

Die Antworten auf diese Frage sind schwer zu geben, denn die Nach­forschungen in England geben zum Teil ein merkwürdiges, sogar schreck-