Heft 
(1972) 15
Seite
529
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Wilhelm Hertz begleitete Fontane auf zahlreichen Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Hertz hat oft die gemeinsamen Fahrten finan­ziert, denn die sparsame Emilie Fontane bewilligte ihrem Ehegatten Theodor, wie wir in ihren Haushaltsbüchern im Fontane-Archiv fest­stellen, höchstens einen Taler für mehrtägige Unternehmungen in die märkischen Gefilde. Es entwickelte sich zwischen Autor und Verleger im Laufe der Jahre ein vertrauensvolles Verhältnis, das durch Geschäftsinteressen, die Hertz bei seinen finanziellen Kalkulationen walten ließ, nicht immer ohne Trübung blieb. Jedoch die gemeinsamen landeskundlichen und literarischen Interessen überwanden stets Span­nungen. In einem unveröffentlichten Brief vom 21. 9. 1896 schrieb Fon­tane:

Mein Herr Verleger (Wilh. Hertz), mit dem ich übrigens auf dem besten Fuß stehe, weil ich Friktionen diplomatisch vermeide ist ein sehr diffiziler Herr, dessen Diffizilität (Pardon) sich auch zeigt, wenn es sich um Bezug mir zustehender Bücher handelt. Alles was wie Forderung oder Anspruch aussieht, verdrießt ihn, und wenn ich umgekehrt schreibe, die ,quittierte Rechnung bitte ich beizuschließen, so steigert sich die Verdrießlichkeit bis zum Gekränkt- und Beleidigtsein. Sie sehen, ich hab es in diesem Punkte schwer. Er ist aber trotzdem ein vorzüglicher Herr, nur nicht leicht traitable. (Fontane-Archiv C 36.)

Das gute Verhältnis übertrug Fontane auf den Sohn Hans Hertz bis zu dessen tragischen Tod 1895. Obwohl Hertz und Fontane in Berlin wohn­ten und sich oft in geselligen Kreisen trafen, führte der in Geldsachen unbegabte Schriftsteller bewußt den Briefwechsel mit dem Verleger. Er begründete ihn mit den Worten:mündlich laß ich mich so sehr leicht bestimmen und hinterher ist mirs leid. So verdanken wir dieser Ein­stellung die Briefe Fontanes, die uns erstmalig hier geschlossen vorgelegt werden. Sie gehen weit über das Geschäftliche hinaus; esprit- und humorvoll geht der charmante Causeur auf Personen und Zeitereignisse ein. Der Briefwechsel, nahezu vierzig Jahre geführt, ist somit ein Stück Zeitgeschichte.

Märkisch betrachtet, sind die Briefe Fontanes an den Verleger seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg von besonderem Interessse. Es kommen demnach auch die Leser auf ihre Kosten, die sich nicht nur ausschließlich mit dem literarischen Werk Fontanes beschäftigen wollen; konkret trifft es speziell für die landeskundlich und zeitgeschichtlich Interessierten zu.

Nach dem Tode von Wilhelm Hertz 1901 kaufte der Cotta-Verlag, Stuttgart, die Firma Hertz. 1952 erwarb dieStuttgarter Zeitung das Archiv mit seinen Handschriften und Büchern (Cotta-Archiv), darunter die vorliegenden Briefe Fontanes. Das Cotta-Archiv kam als Leihgabe in das Schiller-National-Museum, Marbach, und wurde 1961 in eine Stiftung umgewandelt. Die Briefausgabe erschien als Band 29 der Deutschen Schiller-Gesellschaft Marbach am Neckar. Joachim Schobeß, Potsdam