Der „Menzel vor Menzel“. Zum Versuch einer Biographie Fontanes über den Maler Carl Blechen.
In der neuen Reihe „Künstlerkompendium“ des Verlages E. A. Seemann, Leipzig, hat die Berliner Kunsthistorikerin Gertrud Heider eine lesenswerte Biographie dem „Vater der märkischen Landschaftsmalerei“, dem aus Cottbus stammenden Berliner Maler Carl Blechen gewidmet. Die Darstellungen dieser Reihe sind so angelegt, daß an den geschichtlichen Überblick und die biographischen Selbstzeugnisse des Künstlers Äußerungen von Zeitgenossen und Kritikern angefügt werden.
Im Zusammenhang mit dem ersten bedeutenden märkischen Landschaftsbild, dem 1828 auf der Akademieausstellung gezeigten „Semnonenlager“, erwähnt die Autorin an hervorragender Stelle den (allerdings erst 1861, also 21 Jahre nach Blechens Tod gedruckten) Aufsatz Theodor Fontanes über dieses hervorragende Jugendbild Blechens in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. In diesem Zusammenhang geht Gertrud Heider auch auf die Absicht Fontanes ein, eine Biographie seines großen Landsmannes zu schreiben, ein Vorhaben, das ich in den „Fontane- Blättern“ (Band 1, Heft 5 vom Jahre 1967) zusammen mit der Abbildung des „Semnonenlagers“ ausführlich behandelt habe. Sie spricht davon, daß in diesem Aufsatz das große Interesse zum Ausdruck kommt, das der Schriftsteller dem Maler seit langem entgegenbrachte und zitiert in diesem Zusammenhang auch einen Brief von Professor F. E. Pape, den dieser Schüler des späteren Akademielehrers Blechen (ab 1831) an Theodor Fontane richtete. Pape urteilt darin über Blechen: „Er war gütig, hilfsbereit und von edler, vornehmer Gesinnung, groß, schlank, aber doch kräftig gebaut, hübscher Mann und von sehr gewinnendem schwärmerischen Ausdruck. Wir liebten und verehrten ihn außerordentlich.“ Dieses Zeugnis diente Fontane in seiner Blechen-Biographie zu der Charakterisierung des Malers als „großer, schöner Mann, dunkelblond, schönes Auge ,wie ein Falke 1 “ ganz so wie es das Bildnis von Eduard George in der Nationalgalerie erkennen läßt.
In dem Abschnitt „Äußerungen von Zeitgenossen“ bringt die Autorin nochmals ausführlich die Urteile Fontanes über das „Semnonenlager“ sowie die zu Blechens Schaffenszeit außerordentlich gewagte Komposition „Einschlagender Blitz“, die 1931 beim Brand des Münchener Glaspalastes vernichtet wurde. Weiterhin wird das um 1884 fixierte Urteil F. E. Papes über Blechen herangezogen. Schließlich wird der Berliner Kunsthändler C. Kuhtz erwähnt, an den sich Theodor Fontane 1882 kurz vor dem Druck seines Kapitels „Spreeland“ aus den „Wanderungen“ gewendet hatte, um von einem Fachmann die Verhältnisse auf dem Kunstmarkt zu erfahren, als sich Blechens malerischer Realismus nach der Italienreise voll entfaltete und er doch wegen der Kühnheit seiner Malweise wenige oder gar keine Käufer fand. Gertrud Heider zitiert hier die auch von mir 1967 hervorgehobene Passage: „Dazu kam, daß die Blechensche Auffassung und Darstellung der Natur, wie sie in ihrer Eigenartigkeit an das Publikum herantrat, dasselbe befremdete, ich möchte sagen verblüffte; er hatte eben die gewohnte, ausgetretene Straße verlassen, und nichts
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