Ja, man kann Fontane nicht als vermessen bezeichnen, wenn er gegenüber Wilhelm Hertz meint, daß seine „Wanderungen“ viel „Neues bringen und, in ihrem Kern weit über das bloß Unterhaltende hinausgehend, unsre Spezialgeschichte in der Tat bereichern. Diese Arbeiten sind das Beste, was über die betreffenden Dinge und Personen existiert, weil eben nichts existiert als das, was ich darüber gesagt habe.“ 6
Schauen wir uns in der brandenburgischen Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etwas näher um und sehen einmal von rein fachwissenschaftlichen Werken ab, die ein breites Leserpublikum nie erreichten, so klafft uns eine empfindliche Lücke entgegen. Und wir geben Fontane Recht. Tragen wir die Bedeutung des „Ländchens Friesack“ für die heutige brandenburgische Landesgeschichtsforschung zusammen, so läßt sich feststellen, daß Fontane die im Manuskript beschriebene Gegend selbst bereiste und die Dörfer und Plätze in Augenschein nahm und somit die Situation im Augenblick der Besichtigung exakt aufzeichnete. Hierin unterscheidet er sich wesentlich von seinen fachwissenschaftlichen Zeitgenossen, die ihr Material größtenteils aus fremder Hand empfingen. Fontane hielt nicht nur die Situation, sondern auch den Zustand der Gegend, der Dörfer, Kirchen, tJulshäuso*. aber auch der Sprache und Mentalität kritisch und durchaus zuverlässig für die ausgehenden 80iger Jahre des vorigen Jahrhunderts fest. Fontane überliefert aber auch wuchtige Daten zur allgemeinen Geschichte des Gebietes, beschreibt Bodenaltertümer, altertumsforschende Pfarrer und Lehrer und wandte sich den Kunstdenkmälern in den Kirchen und Gutshäusern zu. Gerade für die Bodendenkmalspflege gab er durch seine Aufzeichnungen über die Sammlung des Lehrers Zowe in Kriele manchen Quellenhinweis. Der größte Wert des Manuskriptes besteht aber darin, daß dort vieles beschrieben wird, was 1945 durch Kriegseinwirkung zerstört, verstreut und somit für alle Zeiten verloren gegangen ist.
Will man sich heute intensiv mit der Geschichte des westlichen Havellandes, insbesondere mit der des Friesacker Ländchens, beschäftigen, so greifen wir zunächst zu Fidicins „Territorien“ 7 , zu Berghaus 8 , Bratring 9 oder Büsching 10 , die auch Fontane redlich „konsultierte“, aber resignierend zu der Feststellung gelangte: „Was ich in Fidicin oder Berghaus gefunden, ist tödlich... Sonderbar, ich habe den meisten Vorteil immer aus unbekannten Broschüren gezogen .. ,“ H
Als Quellensammlung für die ältere Geschichte ist Riedels „Codex diplomaticus Brandenburgensis“ 12 von großer Bedeutung. Der speziellen Ortsgeschichte nahm sich Bardey 13 an. Auf gedruckten und unveröffentlichten Quellen beruhen auch die Biographien zu den Dörfern des Ländchens Friesack im Enders’schen „Historischen Ortslexikon“ v \ In den Archiven von Potsdam und Merseburg findet sich noch manch alte Faszikel 13 .
Aber wie sieht es draußen im Ländchen selbst aus? Verlassen wir einmal die Studierstube! Vergeblich sucht man derzeit in Nauen, der Kreisstadt, zu der das Ländchen Friesack gehört, ein Museum, wo sich dem inter-
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