Heft 
(1973) 16
Seite
575
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Günter Mangelsdorf (Halle)

FontanesLändchen Friesack als landesgeschichtliche Quelle

... Erfüllt sich mir alles so, wie ich jetzt hoffe, so werde ich in der Vorrede sagen dürfen: Ihr, meine Nachfolger auf diesem Gebiet, seht, das ist nach dreißigjähriger Erfahrung mein Testament. So> oder doch ungefähr so muß es gemacht werden. Das Beste freilich und darin können mir meine Nachfolger schon heute leid tun werde ich vorweggenommen haben ... 1

Geht man mit diesen Zeilen aus einem Brief Theodor Fontanes an den Ritterschaftsdirektor Max von Bredow auf Landin (Westhavelland) aus den letzten Apriltagen des Jahres 1889 an die Lektüre desLändchens Friesack 2 Fontanes unvollendetem Wanderungskapitel so erschließt sich nicht nur dem mit der Landschaft Vertrauten, sondern auch dem Fernerstehenden eine mit scharfer und kritischer Beobachtung bis ins Detail minutiös angelegte Konzeption zu einem Werk, das uns wohl als Manuskript überliefert ist, jedoch in seiner endlichen Ausführung eine nicht zu unterschätzende Bereicherung der für das Havelland so spärlich vorliegenden landesgeschichtlichen Literatur gewesen wäre.

Es soll im nachfolgenden nicht der Frage nachgegangen werden, weshalb Fontane nach seinen Reisen in das Ländchen Friesack, seiner emsigen und mit sorgfältiger Akribie betriebenen Materialsammlung und nach mehreren Anläufen es aufgab, sein letztesWanderungskapitel zu schreiben.

Auf der Suche nach den Gründen folgen wir am besten H.-H. Reuter: Das Desinteresse und der .Totaleindruck ein gewissen Fläue bei den adligen Familien setzten die Schaffenslust des greisen Schriftstellers so herab, daß er die Arbeit aufgab und seiner ,letzten märkischen Liebe endgültig den Rücken kehrte. Die Zeit, da er sich in Abhängigkeit be­geben mußte, um überhaupt tätig sein zu können, war längst vorbei. 3 Wird mit dem vorliegenden Aufsatz die nachgelassene Handschrift unter landesgeschichtlichen Aspekten betrachtet, so mag damit ein schon mehr­fach geäußerter Wunsch nach der Bedeutung Fontaneschen Schaffens für die Landes- und Heimatgeschichtsforschung erfüllt werden.

Da wir uns vor allem mit demLändchen Friesack als brandenburgische Landesgeschichtsquelle, denn als solche kann man das Manuskript durch­aus bezeichnen, beschäftigen wollen, erhebt sich die Frage nach der Art, der Bedeutung und schließlich der Wertung derselben.

Zum Anliegen seinerWanderungen sagte Fontane selbst, daß sie anregend und belebend zu wirken und die Lokalität wie die Prinzessin im Märchen zu erlösen' 5 haben, d. h. sie sollten dazu beitragen, die Mark aus der weitgehend verbreiteten Ansicht einergeschichtslosen Anonymität herauszuführen. Es ging Fontane um eineDetailschilderung behufs beßrer Erkenntnis und größrer Liebgewinnung historischer Personen, Belebung des Lokalen und schließlich Charakterisierung märkischer Landschaft und Natur 5 .