Von 21 Lehrern zu Wittstock weiß man nur 5 namentlich als solche zu bezeichnen, die entschieden eine monarchistische Gesinnung zu erkennen geben, während man den übrigen entweder mißtraut oder sie zu entschiedenen und werktätigen Anhängern der Demokratie zählt .. . (ich) habe . .. die Ansicht gewonnen, .. . daß es dort nötig sei, . .. dahin zu wirken, daß der jetzt unterdrückte Teil der .. . Einwohnerschaft die Oberhand wieder gewinne.
Die Regierung fordert den Wittstocker Kreisschulinspektor am 9. November 1850 auf, „sich binnen 14 Tagen über die von den Rektoren und Lehrern dasiger Stadt seit Jahr und Tag bekundete Gesinnung ... unverhohlen ... zu äußern“. Der Kreisschulinspektor antwortet unter dem 16. September 1850 u. a.:
. . . Nicht leicht . .. konnte ein Ort in hiesiger Gegend ein größeres und lohnenderes Feld zu demokratischen Agitationen darbieten als Wittstock, eine heruntergekommene und verarmte Fabrikstadt mit einer zahlreichen, in kümmerlichen Umständen befindlichen Arbeiterbevölkerung ... Was den Konrektor und Predigtamtskandidaten Dr. Lau betrifft..., so ist dies ein Charakter, in dem guter Wille, zeitweise ernstes Streben und befremdliche Leichtfertigkeit sich seltsam mischt, und der in der vergangenen Zeit mindestens sich sehr zweideutig benommen hat. Ausgesprochenermaßen wollte er sich an keiner politischen Parteibestrebung beteiligen; gleichwohl pflog er Umgang nur mit solchen, die eine regierungsfeindliche Richtung zur Schau trugen, stand ebenfalls von seiner früheren eifrigen Beteiligung an der Wahl ab, sobald die Klasseneinteilung eingeführt war, lieferte bis zu Johannis d. J., wie sicher verlautet, die abscheulichen politischen Referate für das hiesige radikale Wochenblatt... , machte sich in dem hiesigen Handwerkerverein zu tun und studierte sogar in demselben das Lustspiel „Er muß aufs Land“ ein, . . . ein Stück, ganz geeignet, den religiös und sittlich nicht durchgebildeten jungen Männern, wie es im günstigsten Falle diese Handwerksgehilfen sind, durch die Schilderung der Karikatur der Frömmigkeit die Frömmigkeit selbst verächtlich und lächerlich zu machen. Der p. Lau hat sich damit den Namen des „Theatermeisters“ erworben. Es versteht sich von selbst, daß, sobald ich von dieser Verirrung des Dr. Lau nur Kenntnis erhielt, ich ihn zum sofortigen Ausscheiden aus dem Handwerker-Verein veranlaßt habe. Jetzt hat derselbe sich denn auch in die gebührenden Schranken zurückbegeben . .. der Gesamtzustand der hiesigen Schulen (ist nicht) ein solcher.... wie er gewünscht und gefordert werden muß . ..“
Diese Beurteilung hat wiederum eine Reise des Regierungsreferenten Konsistorialrat Striez nach Wittstock zur Folge. Sein Bericht vom 28. Oktober 1850, 22 Seiten umfassend, besagt u. a.:
Der p. Schindler, Lokalschulinspektor, . . . hat sich . . . überall an die Spitze der revolutionären Partei gestellt und nachteilig auf die Lehrer eingewirkt. Das ist ihm vornehmlich in Betreff des Rektors Fielitz . . . und des Konrektors Lau .. . gelungen. (Das über Lau unterrichtete Konsistorium wird) . . . vielleicht seine geistliche Wirksamkeit als Prädikant an Stadt- kirChe und Landarmenhaus inhibieren.
Zum Verständnis der Persönlichkeit Dr. Lau’s schulden wir dem Leser eine Auswertung zunächst besonders der vorstehenden Ausführungen.
Fontanes Autobiographie „Von Zwanzig bis Dreißig“ enthält ein Kapitel, überschrieben „Wilhelm v. Merckel“. Sein Inhalt bietet eine auffallende Parallelität äußerer und innerer Wesenszüge Wilhelm v. Merckels und August Lau’s.
Kammergerichtsrat v. Merckel (1803—1861) wird durch Fontane u. a. mit folgenden Worten geschildert: „der lauterste und gesinnungsvornehmste Mann — scheu, weitabgewandt — klein, aber doch eigentlich wohlgebildet — ein ,heimlich Verwachsener- — Mann engster Kreise — überaus sensitiv“ usw.
176