[Neubrandenburg, Mitte Juni 18971
Hochgeehrter Herr.
Mit allem einverstanden. 1 Möge die Nation Ohr, Herz und Beutel auf- machen. In vorzüglicher Ergebenheit
Th. Fontane.
Gedruckt nach dem Original; Erstveröffentlichung in Theodor Fontane, Briefe an die Freunde. Letzte Auslese, a. a. O., 2. Band, S. 605 f.
1 Vgl. den folgenden Brief und Anmerkung.
Erstdruck nach dem Original. Nicht auf Briefpapier, sondern auf den Korrekturbogen des in der Anmerkung abgedruckten Aufrufs geschrieben.
1 Dehmel hatte ein zweites Rundschreiben an die Presse verfaßt, um das bisher unbefriedigende Ergebnis der Sammlung zu verbessern. Der von Fontane gebilligte Text lautet wie folgt:
Uliencron-Stiftung. Berlin, 15. Juni 1897.
Hochgeehrte Redaktion!
Unter dem 30. April d. J. richteten wir an Sie, wie an die übrigen großen Tagesblätter und Zeitschriften in deutscher Sprache, die Bitte, einen Unterstützungsaufruf für den Dichter Detlev v. Liliencron zu veröffentlichen. Dieser Bitte ist von der Presse in dankenswertestem Umfang entsprochen worden. Leider aber scheint die einmalige Veröffentlichung nicht zu genügen, um das sonst so hilfsbereite deutsche Publikum auch für einen künstlerischen Wohlthätigkeitszweck in dem erhofften Grade zu erwärmen. Es dürfte dies zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass viele Zeitungen den Aufruf nur auszugsweise und mit Weglassung der Unterschriften abgedruckt haben, wodurch in ihrem Leserkreis vielleicht der Eindruck entstanden ist, die Sache sei nicht vollgiltig vertreten.
Im Namen der Aufruf-Erlasser richtet daher der höflichst Unterzeichnete engere Ausschuss die erneute Bitte an Sie, Ihren Lesern gütigst nochmals unser Vorhaben ans Herz zu legen. Den erfolgreichsten Eindruck würde es wohl machen, wenn Sie selbst sich zur Entgegennahme von Sammelgeldern entschliessen wollten; für diesen Fall erlauben wir uns, den umstehenden Artikel I zum Abdruck unter Ihren Kunstnachrichten vorzuschlagen. Sollte es Ihnen jedoch nicht möglich sein, sich der damit verbundenen Mühwaltung zu unterziehen, so bitten wir ergebenst um Abdruck des Artikels II. Wir sind bei Abfassung des Wortlauts darauf bedacht gewesen, dass er sich auch für solche Blätter eigne, die den Aufruf noch nicht oder nur unvollständig veröffentlicht haben.
Indem wir uns erlauben, unserm Dank im voraus geziemenden Ausdruck zu geben, zeichnen wir
mit ausgezeichneter Hochachtung Der engere Ausschuss:
R. Dehmel. Th. Fontane. A. Lichtwark.
Der Kassenwart:
L. Auerbach. Berlin W. Taubenstraße 20.
Für den Dichter Detlev v. Liliencron, der seinem 55sten Geburtstag entgegengeht, ist bekanntlich ein Aufruf erlassen worden, der die Sammlung einer allgemeinen Ehrengabe zur Beseitigung seiner wirtschaftlichen Notlage bezweckt. Der Aufruf war unterzeichnet von folgenden Künstlern und Kunstfreunden: L. Auerbach, Hermann Bahr, Wilhelm Bode, E. Frhr. v. Bodenhausen, A. Böcklin, R. Dehmel, Marie v. Ebner-Eschenbach, Th. Fontane, E. M. Geyger, Klaus Groth, Gerhart Hauptmann, K. v. d. Heydt, G. Hirth, H. Graf v. Keßler, M. Klinger, A. Lichtwark, Max Liebermann, Rud. Maison, A. A. Oberländer, Wilh. Raabe, Emanuel Reicher, W. v. Seidlitz, Richard Strauss, Hans Thoma, F. v. Uhde. Um die Bemühungen der Unterzeichner zu erleichtern, ist auf ihren Wunsch die Redaktion unsrer Zeitung - Zeitschrift - gern bereit, Beiträge entgegenzunehmen und an die Haupt-Sammelstelle (Consul Auerbach, Berlin W. Taubenstr. 20) abzuführen. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß unsre Leser es gleich uns für eine nationale Ehrenpflicht halten werden, einem Dichter, der wie kaum ein anderer deutsche Lebenslust und Thatkraft in seinen Werken verkörpert hat, ein verbittertes Alter zu ersparen und sein ferneres Schaffen zu erleichtern. Ueber die einlaufenden Beiträge, die wir mit der Bemerkung „für die Liliencron-Stiftung“ zu versehen bitten, werden wir Ende August durch Veröffentlichung der Geberliste (auf Wunsch nur mit Nennung der Anfangsbuchstaben) quittieren.