II.
Für den Dichter Detlev v. Liliencron, der seinem 55sten Geburtstag entgegengeht, ist vor einiger Zeit ein Aufruf erlassen worden, der die Sammlung einer allgemeinen Ehrengabe zur Beseitigung seiner wirtschaftlichen Notlage bezweckt. Der Aufruf war unterzeichnet von folgenden Künstlern und Kunstfreunden: L. Auerbach, Hermann Bahr, Wilh. Bode, E. Frhr. v. Bodenhausen, A. Böcklin, R. Dehmel, Marie v. Ebner-Eschenbach, Th. Fontane, E. M. Geyger, Klaus Groth, Gerh. Hauptmann, K. v. d. Heydt, G. Hirth, H. Graf v. Keßler, M. Klinger, A. Lichtwark, Max Liebermann, Rud. Maison, A. A. Oberländer, Wilh. Raabe, Emanuel Reicher, W. v. Seidlitz, Richard Strauss, Hans Torna, F. v. Uhde. Auf Wunsch der Unterzeichner bringen wir die Sache unsern Lesern hierdurch gern in Erinnerung, indem wir es, gleich den Genannten, für eine nationale Ehrenpflicht halten, einem Dichter, der wie kaum ein anderer deutsche Lebenslust und Thatkraft in seinen Werken verkörpert hat, ein verbittertes Alter zu ersparen und sein ferneres Schaffen zu erleichtern. Beiträge sind mit der Bemerkung „für die Liliencron-Stiftung“ an den Kassenwart der Stiftung, Herrn Consul Auerbach, Berlin W. Taubenstr. 20, einzusenden. Nach Schluß der Sammlung (1. Oktober d. J.) wird an alle Beitraggeber als Quittung eine alphabetische Namenliste (auf Wunsch nur mit Nennung der Anfangsbuchstaben) nebst beigedruckter Angabe der einzelnen Beiträge versandt, zugleich auch über die Verwendungsart der ganzen Summe Genaueres berichtet werden.
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Berlin 17. Okt. 97.
Potsdamerstraße 134. c.
Hochgeehrter Herr.
Ergebensten Dank für Ihre freundlichen Zeilen. Der Bericht ist vorzüglich: knapp, klar, klagelos:
Das Resultat, 1 das ich für Liliencron anders gewünscht hätte, hat mich keinen Augenblick überrascht; wenn sich in Deutschland nicht Mäcene finden, die mindestens im v. d. Heydt-Stil 2 vorgehn, — was sonst noch zusammenkommt, kann nicht viel sein. Ich hielt Umschau und fand keinen Menschen (und lebe doch unter Kunst- und Literaturfreunden) dem ich auch nur 3 Mark hätte ab jagen können.
Daß bis Neujahr noch Nennenswerthes in Sicht steht, ist wohl ausgeschlossen. Sie dürfen das Gefühl haben „das Ihre getan zu haben.“ 3
In vorzügl- Ergebenheit
Th. Fontane.
Gedruckt nach dem Original; Erstveröffentlichung in Theodor Fontane, Briefe an die Freunde. Letzte Auslese, a. a. O., 2. Band, S. 611.
1 Die Sammlung trug zuletzt über viertausend Mark ein und brachte doch eine vorübergehende Erleichterung der Notlage Liliencrons. Die Wiener Bauernfeld- Stiftung gewährte eine Ehrengabe und das gleiche tat auf Veranlassung des greisen Dichters Heinrich Zeise die Altonaer Zeise-Stiftung.
2 August Freiherr v. d. Heydt (1801—1874), Bankier in Elberfeld, 1848—62 preußischer Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, 1862, dann noch einmal von 1866-69 Finanzminister, Gegner der „Konfliktspolitik“ Bismarcks. 1866 beschaffte er die Mittel für den Krieg gegen Österreich ohne Anleihe; Kunstmäzen.
3 Vgl. Schillers „Die Räuber“: „Ich habe das Meine getan“ (II, 3) und die Schlußworte des Königs im „Don Carlos“: „Kardinal, ich habe / Das Meinige getan. Tun Sie das Ihre.“
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