Heft 
(1974) 19
Seite
200
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Heinz Gebhardt (Berlin)

Fontane und die Sage von Jarl Iron von Brandenburg

In seinem AufsatzÜber Ring- und Burgwälle überhaupt und speziell im Havelland hat G. Mangelsdorf auf Fontanes Vorhaben hingewiesen, ein Haus- und Lesebuch zur brandenburgischen Geschichte herauszu­geben 1 , das jedoch in den ersten Anfängen steckengeblieben ist. Für dieseGeschichte und Geschichten aus Mark Brandenburg hatte Fon­tane als erstes Kapitel die Wiedergabe der Brandenburger SageJarl Iron und Isolde vorgesehen, an der er im Dezember 1883 gearbeitet hatte 2 . Unter den unveröffentlichten Aufzeichnungen im Fontane-Archiv befinden sich umfangreiche Vorarbeiten hierfür 3 .

Die Sage, die in enge Verbindung mit der hunnischen und ostgotischen Sage von Attila, Dietrich von Bern und Ermanerich aus der Völker­wanderungszeit gebracht ist, ist uns nur in dem um 1250 in Norwegen entstandenen großen Sagenbuch der Thidrekssaga überliefert, das in heimischer Prosa neben den begehrten welschen Geschichten deutsche Vorzeitsmären im ritterlichen Gewand des Zeitalters enthält' 1 .

Als erster hatte der um die Erforschung der deutschen Vorzeit so verdiente Friedrich Heinrich von der Hagen 5 die Sage 1812 übersetzt und sie mit kurzer Einführung unter dem TitelDie kluge Hausfrau und der wilde Jäger, die älteste Brandenburgische Sage veröffentlicht 6 , weil ihm dieRhapsodie wegen der heimatlichen Beziehung besonders werth erschien und er damit zugleich eine Probe der geplantenvoll­ständigen getreuen Übersetzung der Wilkina- und Niflunga-Saga vor­legen wollte, die dann auch mit der Iron-Sage 1814 erschien 7 . In der Vorrede zu der Sagensammlung schrieb von der Hagen:

Die Wilkina- und Niflunga-Saga, deren vorderer Name daher rührt, weil ein Haupttheil derselben von dem Nordischen König Wilkinus und seinem Geschlechte und Volke handelt, wurde im dreizehnten bis vier­zehnten Jahrhundert, wo der Verkehr mit Deutschland durch die Hanse recht aufblühte, im Norden von einem Unbekannten aus Deutschen Lie­dern und Sagen zusammen gesetzt; wie die Vorrede ... und das Werk selber bei einzelnen Geschichten Urkunde davon giebt, und sich daneben auch auf andre sichtbare Denkmäler beruft. Und obwohl auch eigenthüm- lich Nordische, und selbst Slawische Sagen einen Bestandtheil dieses Werkes ausmachen, so ist die Hauptmasse doch ursprünglich Deutsch; wie die Übereinstimmung mit den noch vorhandenen Liedern und Sagen unseres Heldenbuchs bestätigt. Denn fast alle diese kommen darin vor. Zugleich sind uns hier allein noch viele von den verlorenen Rhapsodien des Heldenbuchs aufbehalten, und alle in ihrem mythischen Zusammenhänge dargestellt. Es ist demnach das größte zyklische Werk über unsere alte Nationalpoesie, und umfaßt auch die gewaltige Kata­strophe der Nibelungen, in der Niflunga-Saga, welche nur den hinteren Theil Eines großen Ganzen bildet 8 -

Die Jarl 9 Iron-Saga, über die von der Hagen in den Vorreden nichts aussagt, ist in die Wilkina-Sage eingefügt. Sie erzählt, soweit Fontane