benen) Unvermeidbarkeit und Unabänderlichkeit vereinbar war. Fontane stand nicht über allen Parteien (wenn es gelegentlich auch so scheinen mag), sondern er vermied oftmals lediglich die völlige Identifizierung mit einer bestimmten einzelnen politischen Richtung. Es wäre also richtiger zu sagen, er stand lange Zeit zwischen den Parteien. Das heißt aber nicht, daß seine Position die der „politischen Mitte“ gewesen wäre (S. 66) oder daß darin die angebliche Klassenlosigkeit des Künstlers zum Ausdruck käme (S. 90). Vielmehr ist Fontanes Jahrzehnte währende Stellung zwischen den Parteien darauf zurückzuführen, daß Fontane, der selbst dem Bürgertum entstammte, anfangs mit dem Adel sympathisierte, sich später aber zur Arbeiterklasse bekannte, diesen Weg einerseits nicht ohne Schwanken und Umwege zurückgelegt hat und ihn andrerseits nur in der Theorie, nicht aber in der politischen Praxis zuende gegangen ist. Der Widerspruch zwischen Theorie und Praxis und auch die Tatsache, daß die theoretische Entscheidung mehr auf Ahnen und Fühlen als auf Erkenntnis beruhte, ändern aber nichts daran, daß Fontane sich letztlich doch entschieden und Partei genommen hat. Von „Freiheit“ kann man dabei nur insofern sprechen, als es Fontane um die Freiheit von Irrtum und Lüge und schließlich um die Freiheit zur Anerkennung des „Gesetzlichen“ ging. Damit überschritt er den geistigen Horizont der bürgerlichen Gesellschaft und durchbrach ihre Klassenschranken.
— Dr. Joachim Krueger —
Dichter über ihre Dichtungen. Bd. 12, I. II.: Theodor Fontane. Hrsg, von Richard Brinkmann in Zusammenarbeit mit Waltraud Wiethölter. München: Heimeran 1973. 842 und 872 S.
Was vor Jahrzehnten Hans Gerhard Gräf für Goethe geleistet hat („Goethe über seine Dichtungen“. Bd. 1—9. 1901 bis 1914), das wird nun im Rahmen der vom Heimeran-Verlag herausgegebenen Reihe „Dichter über ihre Dichtungen“ anderen Dichtern zuteil, deutschen wie außerdeutschen: eine Sammlung ihrer Äußerungen über die eigenen Werke. Der aus zwei Teilen bestehende 12. Band dieser Reihe ist Fontane gewidmet.
An der Nützlichkeit und Notwendigkeit einer solchen Dokumentation kann überhaupt kein Zweifel bestehen. Erspart sie doch dem Literaturfreund und dem Wissenschaftler die Mühe, die einschlägigen Dokumente selbst zusammenzutragen. Die Frage kann also nur lauten, ob die vorliegende Ausgabe den berechtigten Ansprüchen genügt. Um es vorwegzunehmen: Man darf diese Frage im ganzen durchaus bejahen und die Leistungen des Herausgebers und seiner Mitarbeiter dankbar anerkennen.