Heft 
(1974) 20
Seite
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Werke ab, das heißt, daß die Erben ab sofort keinen Anspruch aut Tantiemen mehr hatten. Als Antwort darauf forderte Friedrich Fontane erweiterte Schutzbestimmungen für geistiges Eigentum und erklärte den gesamten Nachlaß und das dazugehörige Archiv für vorerst gesperrt für die Öffentlichkeit und für die wissenschaftliche Benutzung/* 1

Der Fortfall der Tantiemen aus dem frei gewordenen Werkverkauf bedeutete einen spürbaren Einkommensverlust für die Erben, die durch die radikalen Inflationsverluste bereits erhebliche Vermögenseinbußen hatten hinnehmen müssen. Es erschien ihnen nun finanziell unmöglich, den Nachlaß aus eigenen Mitteln weiterhin zu verwalten. Sie entschlossen sich daher, ihn zu verkaufen.

Das auslösende Moment für diesen schwerwiegenden Entschluß war vermutlich dadurch gegeben, daß die Berliner Universitäts-Bibliothek auf der Versteigerung der Autographenhandlung J. A. Stargardt im Dezember 1929 42 den Nachlaß Bernhard von Lepels erworben hatte, der zu großen Teilen aus Fontaniana bestand: Gedichtmanuskripte, 173 eigenhändige Briefe an den Freund Lepel und Briefe von Tunnelmit- gliedem an Fontane. Der Erlös aus dieser Versteigerung brachte den Lepel-Nachkommen die Summe von 5 000 RM ein. 43

Für den Verkauf des Fontane-Nachlasses glaubte man, ein Vielfaches dieses Betrages erzielen zu können. Er umfaßte zu diesem Zeitpunkt ,,a) rund 1 800 Originalbriefe Theodor Fontanes mit rund 7 500 Seiten. Dazu b) alle andern Fontaneschen Originale (Manuskripte usw.), d. h. in Summa rund 20 000 Seiten in Originalschrift Fontanes. 44 Außerdem kamen dazu sämtliche Rechte, Abschriften, Sammlungen, Bilder, die Bibliothek und der Auskunftsapparat, den Friedrich Fontane aufgebaut hatte. 45 Nach amtlicher Schätzungdurch zwei auf diesem Gebiet besonders bewanderte Professoren 40 war dafür der Wert von 100 000 RM angesetzt worden.

Friedrich Fontane hat im Auftrag der Erben langjährige Verhandlungen wegen des Verkaufs geführt, vor allem mit der Preußischen Staats­bibliothek in Berlin, die jedoch an den knappen Etatsmitteln der Bibliothek scheiterten. Im Frühjahr 1933 wurden die Verhandlungen auf der Grundlage eines neuen Taxwertes von 30 000 RM 47 wieder belebt, aber auch diese Forderung, die Friedrich Fontane auf 20 000 RM her­untersetzte, erschien der Staatsbibliothek noch zu hoch. Sie unterbreitete ihrerseits das Angebot, 8 000 RM in zehn Jahresraten für den Gesamt­nachlaß zu zahlen. 48

Diesen Preis, der in keinem Verhältnis zu dem Wert des Objekts stand, konnte und wollte Friedrich Fontane nicht akzeptieren. So sehr man vom Standpunkt der Forschung bedauern muß, daß er der Bruder und Mit­erbe Theodor war im Mai des Jahres 1933 verstorben sich nach dem Fehlschlag der Verkaufsverhandlungen endgültig zur Versteigerung des Nachlasses entschloß, so wenig wird man ihm leichtfertiges Handeln vorwerfen können. Die Berliner Autographenhandlung Hellmut Meyer & Ernst wurde erst dann mit der Auktion beauftragt, als sowohl die

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