Heft 
(1974) 20
Seite
275
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Für die meisten der Tagebücher trifft das bedauerlicherweise im vollen Wortsinne zu. Sie sind vermutlich den Bomben im zweiten imperia­listischen Weltkrieg zum Opfer gefallen (das Bankhaus in Berlin, in dem sie verwahrt wurden, brannte aus). Jahrelang glaubte man, daß alle acht Tagebücher vernichtet seien; in den fünfziger Jahren tauchten jedoch drei Bände (1855/56, 1856/58, 1866/82) 52 überraschend im Auto­graphenhandel auf. Sie befinden sich jetzt im Potsdamer Fontane-Archiv. Vorbehaltlich des Eigentumsrechtes der Wallich-Erben, die heute im Ausland leben, stehen sie im Archiv der Forschung für Studienzwecke zur Verfügung.

Die Fontane-Erben erzielten durch die Versteigerung insgesamt einen Bargewinn von 8 283 RM. 53

Den verbliebenen Handschriftenbestand, der vorerst weiter in ihrem Depot lagerte, hat die Autographenhandlung Hellmut Meyer & Ernst auch noch nach der öffentlichen Auktion vom Oktober 1933 angeboten und ohne speziellen Auftrag der Erben weitere 29 Objekte im Gesamt­wert von 7 323 RM verkauft. 54 Friedrich Fontane hat später nicht mehr angeben können, um welche Stücke es sich dabei gehandelt hat. 55 Die unverkäuflichen Handschriften, nach Umfang und Wert noch immer ein beträchtlicher Teilnachlaß, wurden von den Erben zurückgenommen und verblieben für die nächsten Jahre in Berlin-Wilmersdorf, in der Wohnung des ältesten Fontane-Enkels Otto Fontane.

Von den verschiedensten Seiten hat man nach der Versteigerung Friedrich Fontane mit vorwurfsvollen Fragen wegen der folgenschweren Zerstreuung der Fontane-Handschriften überhäuft. Man war sich darin einig, daß die Zerstückelung dieses großen und bedeutenden Nachlasses unbedingt hätte verhindert werden müssen. 56

Um seine Haltung zu rechtfertigen und sichdie Mühe zu ersparen, auf diese Frage immer von neuem mündlich oder schriftlich eingehen zu müssen, hat Friedrich Fontane im Juni 1935 für seineFreunde und Bekannte(n) im In- und Ausland ein drei Seiten umfassendes Rund­schreiben 57 drucken lassen, in dem er den unerquicklichen und ergebnis­losen Verlauf der Verhandlungen mit der Preußischen Staatsbibliothek über den Verkauf des Fontane-Nachlasses, der oben skizizert worden ist, ausführlich dargestellt hat. Dem Text ist die von Enttäuschung und Ver­ärgerung zeugende Fußnote beigegeben:Anfragen über das Leben Theodor Fontanes und die Entstehung seiner Werke können nicht mehr beantwortet werden. 58

Die Vorwürfe, die Friedrich Fontane die Schuld an der Zerstückelung des Nachlasses zuschrieben, mögen jedoch dazu beigetragen haben, daß die Erben sich scheuten, die aus der Auktion von 1933 zurückgezogenen Teile des Nachlasses durch weiteren Einzelverkauf völlig zu zerstreuen. Durch das Eingreifen Hermann Frickes, dem es mit tatkräftiger Unter­stützung einiger einflußreicher Fontaneverehrer gelang, eine öffentliche Institution als Kaufinteressenten für den verbliebenen Fontane-Nachlaß zu gewinnen, konnte diese Gefahr endgültig gebannt werden. Hermann