Fricke verstand es, den Landeshauptmann der Provinz Brandenburg, Dietloff von Arnim, der einer alten märkischen Familie entstammte, von der Notwendigkeit des Ankaufs zu überzeugen. 59
Am 18. Dezember 1935 kam es in der Kurfürstenstraße 2 in Neuruppin zur entscheidenden Unterzeichnung des Vor-Vertrages, 60 der umgehend durch einen endgültigen Vertrag ersetzt werden sollte (Paragraph 7.), zwischen Friedrich Fontane, der die Erben vertrat, und dem Pressereferenten Dr. Hermann Fricke, der für den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg (Verwaltung des Provinzialverbandes) zeichnete. Dadurch wurden der gesamte handschriftliche Restnachlaß, Bilder und Erinnerungsstücke, die Handbibliothek, die von Friedrich Fontane erarbeiteten Auskunftskarteien und gesammelten Materialien sowie die Akten des Verlags F. Fontane & Co. Eigentum der Brandenburgischen Provinzialverwaltung.
Als Entgelt erhielten die Erben 7 000 RM — gefordert hatten sie 8 000 RM — und eine Soforthilfe für Friedrich Fontane durch eine Ehrengabe des Landeshauptmanns. Außerdem wurde ein Werkvertrag mit Friedrich Fontane unterzeichnet, durch den ihm bis an sein Lebensende — er starb am 22. September 1941 im 78. Lebensjahr eine monatliche Zahlung zugesichert wurde. 61
Dieser Vor-Vertrag, der als Gründungsurkunde des Theodor-Fontane- Archivs gewertet wird, bedeutete das Ende des Familienbesitzes am Fontane-Nachlaß. Sein wichtigster Paragraph (§ 3.) lautet: „Die Verwaltung des Provinzialverbandes verpflichtet sich, den Nachlaß im Archiv der Provinzialverwaltung, der Bg. Landesbücherei oder sonstwie der wissenschaftlichen Forschung dauernd öffentlich zugänglich zu machen.“
1.2 Der Nachlaß in öffentlicher Hand
Im Dezember 1935 war der Kaufvertrag zwischen den Fontane-Erben und der Brandenburgischen Provinzialverwaltung abgeschlossen worden, im Januar 1936 erfolgte die Übergabe der Fontaniana. Das gesamte Material wurde aus Friedrich Fontanes Neuruppiner Heim und Otto Fontanes Wilmersdorfer Wohnung in das Landeshaus der Provinz Brandenburg in Berlin W 35, Matthäikirchstraße 3/5, gebracht. 62 Dem Kulturverwaltungsbereich der Provinz entsprechend, wurde das Theodor-Fontane-Archiv als Teil des Brandenburgischen Schrifttumsarchiv aufgebaut, dem später der Nachlaß Martin Niendorfs und Willibald Alexis’ sowie Handschriften Fouques und anderer märkischer Dichter angegliedert werden konnten. Das Fontane-Archiv, dessen Leitung Hermann Fricke übernommen hatte, blieb nach Umfang und Bedeutung jedoch Hauptbestand des Schrifttumsarchivs.