geworden, musterte Frau Röbel sowohl die aufgeladenen Sachen als auch den kellerartigen Raum, der ausgeräumt wurde, wobei sie handschriftliche Manuskripte entdeckte, die sie an sich nahm und im Büro des Gutes unterbrachte. Mit Unterstützung des Kommandanten einer im „Roten Luch“ stationierten sowjetischen Einheit, dem Luise Röbel deutlich machen konnte, daß bei den. angeordneten Aufräumungsarbeiten aus Unkenntnis unersetzliche kulturelle Werte vernichtet würden, erreichte sie es, daß ein zweiter Raum verschlossen wurde, der mit Archivmaterial aus Potsdam vollgestopft und augenscheinlich schon durchwühlt worden war. Ihre angestrengten Bemühungen, im Sommer 1945 in Potsdam eine Institution zu finden, die sich für die im „Roten Luch“ lagernden Objekte verantwortlich fühlte, blieben ohne Erfolg. Sie nahm daher die Materialien, das heißt nur Handschriften, in ihre persönliche Obhut und versuchte, sie zu ordnen und entstandene Schäden nach Möglichkeit zu beheben. Bevor sie im Herbst 1945 das „Rote Luch“ verließ, forderte sie in einem Schreiben vom 17. November 1945 das Amt für Denkmalspflege in Potsdam auf, das Archivmaterial abzuholen. Im Mai 1946, als Jutta Fürstenau mit einem Auto auf dem Gut erschien, waren die Fontane-Handschriften jedoch nicht mehr am Ort. Luise Röbel, die sich in ihrer Begleitung befand, konnte erkunden, daß man die von ihr zur Abholung bereitgestellten Handschriften nach Buckow gebracht hatte, wo sie sie nach längerem Suchen schließlich im Keller der Bürgermeisterei wiederfand. 7,1
Das hier skizzierte Schicksal des Fontane-Nachlasses in den Jahren 1945 und 1946 ist erst nach 1967 vollständig bekannt geworden. Frau Luise Röbel hatte sich nach einer am 30. Januar 1967 vom Berliner Rundfunk übertragenen Sendung über das Wirken der Potsdamer Fontane-Stätte im Archiv gemeldet und über die Ereignisse von damals berichtet. Daraufhin wurde auf Anordnung des Ministeriums für das Hoch- und Fachschulwesen ein „Arbeitskreis zur Erforschung der Geschichte des Fontane-Archivs von 1943 bis 1948“ gebildet, der in seinem Abschlußbericht vom 3. Juli 1968 die Darstellung von Frau Röbel bestätigen und aktenkundig nachweisen konnte, „daß sich Frau Röbel also um die Sicherung der ausgelagerten Fontane-Handschriften sehr verdient gemacht hat.“ 7 ’’
Die geretteten Bestände kamen 1947 nach Potsdam zurück und wurden von der neu gegründeten Brandenburgischen Landesbibliothek (ab 1948: Brandenburgische Landes- und Hochschulbibliothek) übernommen. Trotz großer Schwierigkeiten beim Aufbau der Bibliothek und bei der Sichtung der völlig durcheinander geratenen Fontane-Handschriften, konnte im November 1948 der Minister für Volksbildung, Wissenschaft und Kunst des Landes Brandenburg, Friedrich Rücker, die erste Fontane-Ausstellung nach 1945 in Potsdam eröffnen. 76
Als am 1. Januar 1950 das Theodor-Fontane-Archiv wieder eine verantwortliche Leitung erhielt, stand fest, daß von dem Vorkriegsbestand an Handschriften nur etwa ein Drittel gerettet worden war, zwei Drittel mußten als Verlust gebucht werden. Diese erschreckende Bilanz konnte