II
[Leipzig, 26. Dezember 1842]
1 .
Lieber Herr Wolfsohn,
Dank, freundlichen Dank für Ihre lieben Zeilen!
Unsere innigste, aufrichtigste Teilnahme dem harten Verluste Ihrer Ihnen so werten Wirtleute. 1 Gott verleihe ihnen Stärke, was er ihnen auferlegt, mit freier Ergebung zu tragen! „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; sein Name sei gelobt!“
Auch an den Leiden Ihrer Seele, nimmt innig mein Herz teil! Ich wollte noch heute ein Päckchen an meinen Theodor senden; 2 doch will ich gern bis morgen früh warten, wenn Sie mir die schönen, trauervollen Zeilen an ihn wieder zuschicken wollen? Dank für die Erlaubnis, dieselben lesen zu können! Mein guter Mann und meine Kinder warten meiner: Sie wollen zu Bonorand 3 gehen!
Ihrer Entschlafenen eine sanfte, selige Ruhe! Ihnen Mut und Kraft zur Begleitung zu ihrer letzten Ruhestätte! —
Ihre teilnehmende Freundin Philippine Fontane
Kommentar
1 Rosalie Gey, das vierte, 1821 geborene Kind des Tischlers August Gey (1780—1851), bei dem der Student Wilhelm Wolfsohn seit Ende 1837 im Schrötergäßchen 1 wohnte, war verstorben. Rosalie war die um drei Jahre jüngere Schwester Emilie Geys, der späteren Ehefrau Wolfsohns. Rosalie wurde am 27. Dezember 1842 beerdigt. Wolfsohn verfaßte im Namen der hinterbliebenen Geschwister einen Nachruf in Versen „Unserer Rosalie“ (vgl. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Nr. 362 vom 28. XII. 1842, S. 3279).
2 Fontane war seit dem 1. Juli 1842 in Dresden in Struves Apotheke tätig.
3 Bekanntes Leipziger Restaurant: vgl. Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig, München 1967, S. 121: „Onkel August, völlig unverändert, sammelte nach wie vor Witze, konnte gut sächsisch sprechen und saß bei Bonorand und Kintschy...“
2. Leipzig, den 26. Aug[ust] 1843
Werter Herr Dok- Nein, so will ich nicht sagen! Mein lieber Freund Wolfsohn! Weiß ich doch, daß Ihnen diese Benennung von mir lieber ist! Haben Sie innigen Dank für das freundliche Erinnerungszeichen, welches Sie uns zugesendet! Auch ohne dies, war ich überzeugt, daß Sie unserer auch in der Heimat gedenken würden, 1 doch tat es meinem Herzen unendlich wohl, durch diesen schriftlichen Beweis noch mehr in dieser Überzeugung bestärkt zu werden. Bald soll Theodor Ihren Liebes- und Freundes-Gruß empfangen, 2 und seine Freude hierüber wird der meinen gleichen! Doch erfüllen Sie Ihr Versprechen. Lassen Sie uns bald aus einem längeren Schreiben etwas Näheres über Ihr Leben und Weben in der Heimat 3 erfahren. Nicht vielfacher Versicherung unserer herzlichen Teilnahme für Sie bedarf es; Sie wissen: wir sind Ihnen gut, und bitten Gott um Segen für Sie! —
293