Heft 
(1974) 20
Seite
298
Einzelbild herunterladen

4 Der spätere Sprachforscher Max Müller (1823-1900) promovierte in Leipzig am 1. September 1843 im Alter von noch nicht 20 Jahren. Aus seinem Vorhaben, schon bald nach der Promotion nach Berlin zu gehen, um den Sprach gelehrten Bopp zu hören, wurde zunächst nichts. In einemSeptember 1843 datierten Brief, offenbar dem ersten, den Müller nach Fontanes Abreise aus Leipzig an diesen gerichtet hat, schrieb er nach Letschin:Dear Fontane I can well imagine that you have often cursed me no a little as I gave no sign of life for such a long time; but Morbus excusat hominem, and I will add, Nisi homo excusat morbum! I hope you have carried on your Latin studies so far as to comprehend the deep meaning of these words: and if a human heart still beats in your breast, you must pity me, poor wretch, for having spent nearly the whole vacation in a nervous fever, so that I must stay almost the whole of next term here in Leipzig ... I have quietly unpacked my books and things again ... I am in Leipzig incognito, for I had already paid my farewell visits everywhere, and altogether feel no inclination for society" (zitiert nach der englischen Übersetzung in: The life and letters of Friedrich Max Müller. Edited by his wife (Georgina Müller), Band 1, New York and Bombay 1902, S. 19). Max Müller blieb bis Anfang April 1844 in Leipzig und traf nach einem kurzen Aufenthalt in seiner Heimatstadt Dessau Mitte April 1844 in Berlin ein.

Die Datierung des vorliegenden Briefes von Philippine Fontane an Wolfsohn stützt sich auf die in ihm enthaltene Mitteilung über Müllers unlängst erfolgte Promotion (er kann also nicht vor dem 1. September 1843 geschrieben worden sein) und auf den oben zitierten, von Georgina Müller in Übersetzung ver­öffentlichten,September 1843 datierten Brief Müllers an Fontane, der bestätigt, daß er wie in Philippines Brief erwähnt schon bald nach der Promotion nach Berlin zu gehen beabsichtigte und bereits im September Abschiedsvisiten und um eine solche dürfte es sich bei der von Pine erwähnten Begegnung handeln gemacht hatte.

Nach den Unterlagen des Universitätsarchivs Leipzig war der stud. phil. F. M. Müller aus Dessau vom 21. 5. 1841 bis zum 1 . 4. (Testimonium 26. 3.) 1844 an der Leipziger Universität eingeschrieben.

5 Über einen Aufenthalt des Ehepaares in Prag ist nichts bekannt. Fontanes Er­innerungen zufolge übersiedelten sieetwa Ende 1844 von Leipzig nach Berlin (S. 308).

6 Uber seine Schwester Ernestine, an die er im Januar 1840 das Vorwort zu seiner ersten, in Leipzig erschienenen GedichtsammlungVeilchen gerichtet hatte, schrieb Wolfsohn am 25.Oktober 1860 aus Dresden an Fontane:Meine Schwester ist mit ihrem Manne und ihren Kindern auf einige Jahre nach Deutschland gekommen, und in diesem Winter habe ich sie zur Türnachbarin. Ein Glück, das ich wie lange entbehrt und wie heiß ersehnt habe! (In der Briefausgabe von Wolters Berlin 1910, S. 130 ist diese Stelle ausgelassen).

4. Berlin, 18. 4. 1848

Lieber Freund Wolfsohn.

Gestern Mittag brachte mir mein guter Alter die von Ihnen übersetzten, russischen Novellen, 1 für welches Geschenk ich Ihnen den innigsten Dank sage. Wenn es auch keiner äußern Mahnung bedarf, um die Erinnerung an einen mir lieben Menschen in meiner Seele wach zu erhalten, so wird doch stets, wenn ich Ihr Buch zur Hand nehme, um darin zu lesen, der Atem Ihres ganzen Seins mich warm und liebevoll umwehen!

Ihr Brief an meinen Mann 2 belehrt mich, wie Sie bis jetzt Ihre Zeit in Leipzig verwendet, und ich sehe es ein notwendig haben verwenden müssen. Dennoch, lieber Freund, kann ich es nicht billigen, Ihr Wort in Bezug der Briefe für Fräulein Boldrini nicht pünktlicher, nicht schneller erfüllt zu haben.

298