Seehund). Das Motiv der Wiederfindung eines verschollenen Verwandten, das sich immer wieder in Scotts Romanen findet, sticht hier klar als ein fremdes Element hervor.
In allen diesen Dingen bricht der Altertümler das Muster der Waver- iey-Romane, und es ist nicht verwunderlich, daß dieser Roman zu den am wenigsten erfolgreichen der Serie gehört. Scott selbst analysiert diesen Bruch in seiner Vorrede zur Auflage von 1823: „I have been more solicitous to describe manners minutely, than to arrange in any case an artificial and combined narrative, and have but to regret that I feit myself unable to unite these two requisites of a good Novel.“ 40 Es ist nur zu verständlich, daß Scott, dem sehr an dem Erfolg seiner Romane gelegen war, schnell zu dem früheren Muster des „höheren Räuberromans“ zurückkehrte.
Es ist interessant, daß Fontane gerade dieses auf die anderen Romane zurückweisende triviale Motiv einer Figur, die sich schließlich als eine viel höher gestellte oder näher verwandte entpuppt, in Vor dem Sturm verwirft. Wenn der Leser zuerst von mysteriöser Herkunft der „Sternen- prinzessin“ Marie erfährt, fürchtet er wohl solch eine Entpuppung, die aber zu seiner Erleichterung ausbleibt. Fontanes Freund Pietsch hatte das in seiner Rezension des Romans gepriesen und Fontane sagte dazu in seinem Danksagebrief: „Die Natur adelt; alles andere ist Unsinn, und eine der mir degoutantesten Erscheinungen ist es immer gewesen, gerade in den Romanen liberaler und allerliberalster Schriftsteller, den Hauslehrer oder die Gouvernante, wenn sie heldisch-siegreich auftreten, sich schließlich immer als Graf oder Gräfin entpuppen zu sehen. Wenn auch nur von der Bank gefallen.“ 41 Dieser Ausbruch richtet sich gegen deutsche Kollegen wie Spielhagen aber auch gegen Scott.
Weitere inhaltliche Unterschiede liegen in dem leidenschaftlichen politischen Interesse der meisten Figuren in Vor dem Sturm und der Integration historischer Ereignisse in den Romanen. Dies verbindet ihn, wie oft hervorgehoben wird, mehr mit Waverley und auch dem Kerker von Edinburgh. Die Interessen der Figuren im Altertümler sind mehr mondäner Art und stehen so den späteren Gesellschaftsromanen Fontanes näher. Sonst aber sind die inhaltlichen Parallelen, auch was die Charaktere angeht, zum Altertümler stärker als zu den beiden anderen Romanen. Denn wenn auch z. B. der „schwache Held“ Lewin an Waverley erinnert, so war doch dieser Typus inzwischen ein allgemein beliebter geworden; in Fontanes engster literarischer Umgebung findet man ihn bei Spielhagen und Heyse, aber auch bei weniger bekannten Autoren wie Hesekiel, mit deren Werken Fontane weniger vertraut war. Die Parallelen zwischen Oldbuck und Wardour und Seidentopf und Turgany sind dagegen ungewöhnlicher und stärker.
Technische Ähnlichkeiten verbinden Vor dem Sturm näher mit dem Altertümler als mit den anderen Romanen Scotts. So haben z. B. die meisten Romane Scotts eine sehr große Anzahl von Charakteren, diese sind aber durch die komplizierte Handlung fest miteinander verbunden.