Issue 
(1974) 20
Page
317
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formuliert der Verfasser seinen Hauptgedanken, indem er Nietzsches berühmtes Wort über die Deutschen ab wandelt. Ironie bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Stechlin-Utopie (Es lebe der Stechlin, als Wunschbild zukünftiger Harmonie) als eine solche erkannt wird, daß die im Roman dargestellte Welt im Text des Dichtwerks selbst als ein zu interpretierender Gegenstand erscheint. Und dies ist eben nur durch die Form des Dialogs zu ermöglichen, wie es der Verfasser nach­weist.

Jedoch, nicht immer wirkt die Struktur-Analyse so überzeugend wie in diesem Fall. Der Rezensent wagt es nicht, in die Gedankenordnung des Verfassers gewaltsam einzubrechen; er begnügt sich auch nicht mit kalt staunendem Besuch, sondern folgt aufmerksam der Beweisführung, wo sie ihm gelungen scheint; an anderen, strittigen Stellen sagt er sich: ..Man muß dran glauben. Gewiß, die psyehokritische Methode sie geht auf den provenzalischen Literaturforscher Charles Mauron zurück hat sich in der Wissenschaft ihren Platz erobert.

Ob man ein psychokritisches Schema für die Interpretation des Gesamt­werkes eines Dichters sozusagen als Universalrezept verwenden darf, das soll hier nicht weiter erörtert werden. Wohl aber sei gesagt, daß die vorliegende Arbeit, dank des Scharfsinns ihres Verfassers, manches Licht auf noch dunkle, durch traditionelle Methoden schwer zu erhellende Probleme wirft, die Fontanes Werk der Forschung stellt.

Zu gewissen Einzelheiten wäre einiges zu sagen. Hier sei nur hin­gewiesen auf ein Zitat, das Fontane in einem Brief anführt (S. 238): ..Nur der Irrtum ist das Leben, und die Wahrheit ist der Tod. Dieser Vers stammt keineswegs, wie der Verfasser meint, von Nietzsche, sondern aus Schillers GedichtKassandra. Ähnliche Fehlinterpretationen kom­men öfters vor, besonders was Bibelstellen betrifft. Doch,nicht mit Fluch ende der Sang. Dieses Buch gehört ohne Zweifel zu den Fontane- Studien von hohem Rang.

Professor Dr. Pierre-Paul Sagave, Universität Paris X

Hinweis: Aus redaktionellen Gründen erscheint die bereits abgeschlossene Bibliographie im Heft 21.