halten in den Jahren 1848/49 vornahm (und noch, wenn auch modifiziert, in der Autobiographie „Von Zwanzig bis Dreißig“ beibehielt). Solche „Stellen“ sind Dokumente eines Umweges, der, wie wir heute wissen, mit Sicherheit auf den geraden Pfad intellektueller Redlichkeit zurückführen sollte — darauf deuten auch, liest man sie genau, die zitierten konservativen Geständnisse. Denn es geht dabei um einen Konservatismus, wie er ihn im Sinne hat, und das war doch von Anfang an etwas anderes als die staatserhaltende Doktrin, die die „Kreuzzeitung“ in ihren Spalten suggerierte. Als man Fontane nach der Veröffentlichung des ersten Bandes vorwarf, er habe das Buch im Auftrag der „Kreuz- zeitungs“ -Partei geschrieben, reagierte er mit dem Wort „Blödsinn“ und schrieb am 6. Dezember 1861 an Wilhelm Hertz: „Ein Freund sagte mir: ,Ich habe mir das Buch gekauft; ob ich’s durchlese, ist sehr fraglich — jch mache mir nichts aus dem märkischen Adel; aber den Brief von Schinkel habe ich mit großem Vergnügen gelesen 1 . — Ich beklage in völlig unegoistischer Weise, daß es so ist, aber es spricht sich darin eine Empfindung aus, die, weil man ihr bei sonst vernünftigen Leuten begegnet, durch unsren Adel allerdings verschuldet sein muß; —. und auch das beklag ich wieder.“ Zwei Jahre danach schickte Fontane „Das Oderland“ an den Historiker Droysen: „Der abweichende politische Standpunkt, der übrigens nur selten und, wie ich mir einbilde, in einer für niemand unbequemen Form hervortritt, wird hoffentlich nicht stören ..."
Bewußt oder unbewußt konfrontiert Fontane — und darin liegt zum Teil die „Abweichung“ — die miserablen Zustände der Reaktionsperiode mit der vergleichsweise „ruhmvolleren“ Vergangenheit, polemisiert er mit den „großen 'Prinzipien“ eines idealisierten und romantisierten Preußentums gegen das Preußen seiner Zeit. Fontane erfüllt in gewissem Sinne, was Robert Prutz schon 1852 für die Geschichtsschreibung angekündigt hatte: „Wenigstens in den Dintenfässern unserer Gelehrten gärt noch jener Geist des Fortschritts und der Freiheit, den wir in der augenblicklichen Lenkung des preußischen Staates vergeblich suchen.“ Ein Paradebeispiel führt Fontane sogleich im ersten Abschnitt des ersten Bandes vor: neben der legendären Gestalt des Husarenvaters Zieten aus dem achtzehnten Jahrhundert macht der „letzte Zieten“ auf Wustrau eine reichlich schlechte Figur. So beachtlich diese Konfrontation von Gegenwart und Vergangenheit subjektiv ist, so bleibt natürlich festzuhalten, daß dadurch objektiv bestimmte friderizianische Traditionen ungebührlich aufgewertet werden.
Immerhin aber zeigt der Versuch, sozusagen ein vernünftiges, ehrlichbiederes „Altpreußentum“- zu propagieren, daß Fontane das Zeug zum Konformisten wirklich nicht hatte. Und diese spezifische Position sollte — verstärkt und modifiziert durch die permanente Verstimmung über die „poplige Unteroffizierswirtschaft“ in Preußen — der Ausgangspunkt eines weitreichenden Wandels werden. Fontane lernte unter dem Einfluß der schroffer werdenden Klassengegensätze die „zufälligen Vorkommnisse“, die er in dem Brief an Heyse einschränkend schon angeführt
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