Heft 
(1975) 21
Seite
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gütig die Hände streichelte. Es war keine angenehme Situation. Heute weiß ich, daß es der liebe Gott damals gut mit mir gemeint hat. Die rotblonde Anna, die eine andere Liebe wahrscheinlich zu einem Marine-Offizier im Herzen trug, ist unverlobt zu Beginn des Jahres 1887 gestorben.

Über meinen damaligen Zustand weiß ich nur zu sagen, daß ein Gefühl der Beschämung die Oberhand hatte. Zwar eigentlich unberechtigt, denn es ist doch keine Schande, von einem nicht wiederliebenden und nun gar besetzten Herzen abgewiesen zu werden. Aber es muß da doch in der menschlichen Natur etwas geben, das solches Nein, wenigstens im ersten Moment, als ein gewisses capitis diminutio empfindet.

Unter dem Vorwand heftiger Kopfschmerzen habe ich an jenem Abend meine Beteiligung an der Feier abgesagt, später aber von dem ganzen Vorgang nur ein Verwundern darüber behalten, daß einem sonst so bedachtsamen Menschen wie mir eine derartige Improvisation eines lebenswichtigen Schrittes überhaupt passieren konnte.

Zweifellos hat das brüderliche Beispiel den Ball ins Rollen gebracht, und schon nach wenigen Wochen, am 13. März 1886, verlobte sich Theo mit Martha Soldmann aus Münster, die er am 5. Oktober desselben Jahres heiratete, vier Monate nach Georges Hochzeit.

Es seien hier noch folgende Irrtümer und Druckfehler berichtigt:

Anm. 193: ... Theo, der seit dem 5. Okt. 1886 (nicht 1885) ... verheiratet war.

Otto Fontane starb am 18. 6.1958 in Hamburg als Kapitän z. See a. D. (nicht als Polizeimajor).

Anm. 324: Theos Tochter Gertrud (Frau Ursula von Försters Mutter), die 1912 Oskar Grosse (nicht Große) heiratete, der ein Neffe von K. E. O. Fritsch war, starb am 27. 11. 1968 (nicht 1969).

Professor Dr. Charlotte Jolles, London

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War es Tucholsky, der sagte:Unsere Druckfehler machen uns tief? Karl Kraus war es wohl. DieDruckfehlerei, die Fontaneeinfach nicht aushalten konnte (Grethe fürGoethe,Convolvulus krankte um die Stimme fürrankte um die Stämme an Hermann Kletke, 20. 12. 1870), hört nie ganz auf. Das erfahren auch Editoren und Anmerkungsschreiber, dieTiefe eher fürchten und sich schlicht um Richtigkeit und Klarheit bemühen.

Als ich von denJeu-Genossen des Apothekers Louis Henri Fontane schrieb, machten Korrektor oder Setzer daraus dieJesu-Genossen. EineFreifrau inStine, von Hans-Heinrich Reuter längst alsFrou- frou entlarvt, kehrte, obgleich deutlich in den Apparat verwiesen, auf die ungeklärte Weise in den Festsaal des Textes zurück (Hanser-

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