Anmerkungen
Der Empfänger der beiden Briefe war mein Großvater, Professor Dr. med. Georg Anton Salomon (1849—1916), der zeitweise Emilie und Mete Fontanes Arzt war. Die „Ferientage in Friesack“ (Privatdruck 1894) sind Erinnerungen Salomons aus den 1860er Jahren. Vermutlich hat er gewußt, daß Fontane 1889 eine Arbeit über Friesack angefangen hatte und sich weiterhin für den Ort interessierte. Salomons Familie stammte aus Friesack. Fontanes Bemerkung „Unsere Zeit steht im Zeichen von Friesack. . bezieht sich vermutlich auf die Einweihung des Denkmals Friedrichs I., des ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern, auf dem Mühlenberg bei Friesack im Jahre 1894 (vgl. Sonderausgabe des „Friesacker Wochenblattes“ vom 13. Oktober 1894 und Henning von Koss: „Das Ländchen Friesack und die Bredows“, Kiel 1965, S. 159).
Schlaume, ein Onkel des Verfassers, war ein krankhaft menschenscheuer Sonderling.
Die Originalbriefe sind von Georg Salomon vermutlich an seinen Sohn Fritz (1886—1953), Rechtsanwalt in Guben (Niederlausitz), später in London wohnhaft, übergegangen. Die Originale sind bisher nicht wiedergefunden worden. Der vorliegende Text folgt einer von Fritz Salomon hergestellten Abschrift.
— George Salomon, New York, September 1975. —
Joachim Biener (Leipzig)
Alfred Kerr und Theodor Fontane
Am 16. Juni 1894 schrieb Theodor Fontane folgenden Brief: „Hochgeehrter Herr. Ich lese immer mit Vergnügen, was Ihr Mitarbeiter Dr. Alfred Kerr im Magazin schreibt. Heute aber hat er ganz besonders ins Schwarze getroffen, und Sie müssen mir gestatten, da ich Dr. Kerr nicht kenne, Ihnen dies auszusprechen. Es ist das weitaus Beste, was über Wildenbruch je ‘'gesagt worden ist. Ich habe zehn Jahre lang und länger Wildenbruch bekämpft und bin darauf hin gelegentlich hart angelassen worden, aber das hat mich, mitten in der Fehde, nicht abgehalten, einen genialen Zug an ihm immer wieder zu betonen. In den ,Quitzows‘ sind Szenen, die ihm nicht leicht einer nachmacht, und einzelne seiner Novellen sind Meisterstücke, noch richtiger geniale Würfe. Nebenher, in den Stücken, Unsinn und gänzlicher Mangel an Kritik. Aber Kerr hat das alles viel besser gesagt. Ich wollte meine Freude darüber, daß er’s getan, gerne äußern. So entschuldigen Sie diese Zeilen.
In vorzüglicher Ergebenheit Th. Fontane.“ 1
Fontane schrieb nicht direkt an den jungen Alfred Kerr, da ihm der junge Kritiker nicht persönlich bekannt war. Er wandte sich an die Redaktion des „Magazin für Literatur“, für das er selbst bereits gearbeitet hatte. Er praktizierte damit eigene Kritiker- und Schriftstellererfahrung. Er ließ dem jungen vorurteilslosen bürgerlichen Kritiker ähnlichen bestätigenden und ermunternden Zuspruch zukommen, wie er ihn selbst am Beispiel durch den Schauspieler Siegwart Friedmann erfahren hatte, der sich im August 1870 für das uneingeschränkte, begeisterte Lob seiner Leistung als Geßler (in einer sonst nicht nur zu lobenden Inszenierung) ausdrücklich bedankt hatte, was „nicht ohne Einfluß“ 2 auf Fontanes weitere Tätigkeit als Kritiker geblieben war. Kerr ist auf Fontanes
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