Heft 
(1976) 23
Seite
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der Lektüre von StanleysDurch den dunkeln Welttheil hingewiesen werden.

Im 10. Kapitel vonEffii Briest erklärt Innstetten seiner Frau den Namen des Bediensteten von Apotheker Gieshübler:Der echte Mirambo ist Räuber hauptmann in Afrika ... Tanganjika-See, wenn deine Geo­graphie so weit reicht..Dieser Mirambo wird von Stanley an mehreren Stellen seines Werkes erwähnt. Er ist alles andere als ein Räuberhaupt­mann, vielmehr ein selbstbewußter Afrikanerführer, der sogar auf Stanley Eindruck macht und mit diesem Blutsbrüderschaft schließt (Stanley a. a.O. Bd. I, S. 532536). Interessanterweise taucht jedoch der Name Mirambo in den hier untersuchten handschriftlichen Notizen Fontanes nicht auf. Entweder also hat sich die Figur des Afrikaners dem Gedächtnis des Dichters nachhaltig eingeprägt, so daß dieser sich reichlich zehn Jahre später ihrer erinnert, oder die vorliegenden Notizen sind nicht vollständig.

Schließlich sei noch eine andere Passage ausEf£i Briest zitiert, in der sowohl König Mtesa erwähnt wird, als auch eine Anspielung auf H. M. Stanley selbst enthalten ist. Im 35. Kapitel sagt Geheimrat Wüllersdorf zu Innstetten als Antwort auf dessen Weltentsagungsgedanken:Quer durch .Afrika, was soll das heißen? Das ist fürnen Leutnant, der Schulden hat. Aber ein Mann wie Sie! Wollen Sie mit einem roten Fez einem Palaver präsidieren oder mit einem Schwiegersohn von König Mtesa Blutfreundschaft schließen? Oder wollen Sie sich in einem Tropenhelm, mit sechs Lochern oben, am Kongo entlangtasten, bis Sie bei Kamerun oder da herum wieder herauskommen?

Das ThemaAfrika fesselte Fontane auch weiterhin. Immer kritischer verfolgte er die deutsche und englische Kolonialpolitik. So schrieb er beispielsweise bereits am 7. 1. 1889 an Georg Friedlaender:Seit Wochen bin ich wieder ganz Politik: Ost-Afrika, Geffcken, Morier, Samoa [Auf den Samoa-Inseln war am 18. Dezember 1888 eine kleine deutsche Marineabteilung von Aufständischen auf gerieben worden. Die Red.]. Mir will alles nicht recht gefallen...

In den letzten Lebensjahren distanzierte sich Fontane immer entschie­dener von den Übergriffen und Grausamkeiten bestimmter Kolonial- beamter, z. B. Leist und Wehlan, in Afrika. In einem Brief des Dichters an Wilhelm Hertz vom 27. 5. 1894 lesen wir u.a.:Bei Strammstehn und Finger an der Hosennaht, bei Leist und Wehlan wird mir schlimm. Und dabei bin ich in der Wolle gefärbter Preuße. Was müssen erst die Andern empfinden?

Ein Jahr vor seinem Tode, am 26. 10. 1897, kommt Fontane in einem Brief an seinen alten Londoner Freund James Morris zur schonungslosen Verurteilung des Kolonialismus, indem er feststellt:... Die ganze Kolonisationspolitik ist ein Blödsinn: ,Bleibe zu Hause und nähre dich redlich'... Mit Schaudern lese ich jetzt täglich von den verzweifelten Anstrengungen, die England machen will, um den alten Zustand ä tout prix zu bewahren.

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