Charakters der Heldin und auf eine Vorbereitung der Katastrophe, die dem entspringt. Um Elfis Charakter zu verdeutlichen und auf den Ehebruch anzuspielen, gebraucht Fontane eine Anzahl von Vorausdeutungen und Hinweisen, die unmittelbar mit beiden — Charakter und Ehebruch — verbunden sind, weil der Ehebruch Effis auf ihre Persönlichkeit und Umwelt zurückzuführen ist.
In Effi Briest begegnen wir nicht nur einer „Ding“-Symbolik, dei bestimmte Dinge, Bilder oder bildhafte Situationen zugrundeliegen, sondern der — hier von weit größerer Bedeutung — „rhetorischen“ Symbolik. Der Dialog wird von Äußerungen der Romangestalten durchsetzt, offen oder versteckt, die ein Netz von Verweisungen zwischen den einzelnen Episoden des Geschehens herstellen. „Die bedeutsamen Anspielungen erwachsen jeweils einer bestimmten Gesprächssituation; neben Zitaten, Sprichwörtern oder bestimmten Redensarten sind es oftmals scheinbar beiläufige Äußerungen einzelner Romangestalten, die erst aus dem Zusammenhang des Ganzen ihre besondere Bedeutung erhalten.“ 1 Wenn sich überhaupt ein Leitmotiv als umfassend für die Romane Fontanes erwähnen läßt, ist es das thematische Motiv des in verschiedenen Variationen erscheinenden Konflikts zwischen gezwungener und natürlicher Ordnung: zwischen den erstarrten Regeln der Gesellschaft und denen der immer gültigen, natürlichen Menschlichkeit. Effi Briest bietet ein glänzendes Beispiel, indem die junge Heldin den gegen die gesellschaftliche Ordnung verstoßenden Ehebruch begeht, da ihr die Möglichkeit, ihrer Natur „natürlich“ treu zu bleiben, entzogen wird. Durch die Untersuchung, ja durch die Zusammenstellung und den Vergleich der Effi Briest durchziehenden Leitmotive und Hinweise, die sich öfters überschneiden, wollen wir versuchen die Grundthematik Fontanes an Hand dieses Romans herauszuarbeiten: „Das Glück besteht darin, daß man da steht,'wo man seiner Natur nach hingehört“. 2
I. Veranschaulichung von Effis Charakter durch Leitmotiv:
Innstetten als Gegensatz.
Die Hinweise und Leitmotive dienen wie eine Unterströmung dazu, das Wesentliche im Roman subtil zum Ausdruck zu bringen. In Effi Briest bezieht sie Fontane auf die drei schon angedeuteten Bereiche: auf Effis Charakter, auf den durch tragische Folgen gekennzeichneten Ehebruch und auf die innere Beziehung von Charakter und Ehebruch. Vielleicht wären die Worte von Innstetten selbst, in einem Gespräch mit Effi über Gieshübler am Anfang des 12. Kapitels, der beste Ausgangspunkt für eine im Leitmotiv gespiegelte Charakterschilderung: „Aber freilich, man ist, wie man ist“. Hiermit weist er schon unbewußt auf die Tragödie hin, die durch die Verschiedenheit in seiner und Effis Persönlichkeit zustande kommen wird. Auf Effis Grundcharakterzug der Kindlichkeit, deren Hauptaspekte als Naturverbundenheit und Fantasie bezeichnet werden können, beruhen eine Reihe von Leitmotiven, deren Funktion es ist, diese Kindlichkeit von verschiedenen Seiten zu beleuchten.
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