teuer“ entspricht. Liebe zur Freiheit und zum Aparten, wenn es auch gefährlich ist, bilden eine Grundlage, wie ein doppelgewebter Teppich, für die Leitmotive, die Effis Charakter deuten. Ihr Hang nfcch dem Aparten wird auf verschiedene Weise ausdrücklich betont; schon bei Kleinigkeiten wird er angedeutet, so daß der Leser nicht überrascht ist, wenn diese Tendenz sie irreführt. Beim Kaufen des Trousseaus erweist sich Effi zum Teil anspruchslos: „Wenn es aber ausnahmsweise mal wirklich etwas zu besitzen gilt, so mußte dies immer was ganz Apartes sein. Und darin war sie anspruchsvoll .“ 8 Ein Beispiel wäre der japanische Bettschirm mit schwarzen und goldenen Vögeln darauf, wonach sie sich sehnt. Als Effi Innstetten von Kessin erzählen hört, ist sie von der ihr exotisch geschilderten, internationalen Atmosphäre der Stadt ganz entzückt: „Das ist ja wie sechs Romane, damit kann man ja gar nicht fertig werden. Es klingt erst spießbürgerlich und ist doch hinterher ganz apart “. 9 Während Inn- stettens und Effis Schlittenfahrt zum Gasthause „Zum Fürsten Bismarck“ erzählt Innstetten die Geschichte von dem Chinesen, wie auch die von der Trippelli. Effi findet alles wieder reizend, und zum ersten Male empfindet sie ihre bisherige Existenz in Hohen-Cremmen als ein Alltagsleben, in dem es nie etwas Apartes gab.
Das direkte Erwähnen des Aparten erreicht einen Höhepunkt, indem Innstetten, als ob er hellsichtig wäre, Effi vor diesem abenteuerlichen Zug in ihrem Charakter warnt: „Aber hüte dich vor dem Aparten, oder was man so das Aparte nennt! Was dir so verlockend erscheint — und ich rechne auch ein Leben dahin, wie’s die Trippelli führt —, das bezahlt man in der Regel mit seinem Glück .“ 10
Dieser unheimliche, fast abschreckende Aspekt des Aparten kommt wieder zum Vorschein, wenn Effi ihrer Mutter von dem Haus in Kessin schreibt, „das, so viel Hübsches und Apartes es hat,“ — das Effi einerseits gefällt — „doch eigentlich gar kein richtiges Haus ist, sondern nur eine Wohnung für zwei Menschen...“ Effis Hang nach dem Aparten widerspiegelt sich auf gefährliche Weise in Crampas, der Abwechslung als des Lebens Reiz bezeichnet. Auch nachdem sie aus der Gesellschaft verbannt ist, behält Effi — jetzt aber in einem ihrem Gemüt und ihrer Lage entsprechenden Sinne — die Neigung zum Aparten, denn ihre kleine Wohnung wird als „apart hübsch ‘ beschrieben.
Wenn man das Auftauchen der Idee des Aparten genau verfolgt, erkennt man darin künstlerische Absicht: Mit dem Ablauf der Katastrophe ist die Erwähnung des Aparten deutlich verknüpft. Der Reiz des Aparten steigt zu einer verhängnisvollen Höhe, übt seine Wirkung aus und, wieder fallend, findet einen ruhigen Ausklang: Die hübsche kleine »Wohnung ist alles, was Effi vom Aparten schließlich übrig hat oder haben will.
Zweimal wird Effi mit „Eva“ in Zusammenhang gebracht: von Innstetten in seineh Briefen vor der Ehe und von Rummschüttel, wenn sie krank spielt, um eine Rückkehr nach Kessin und zu Crampas zu vermeiden. Effi besitzt auch die Charakterzüge einer Eva, sowohl in ihrem Drang nach dem Neuen und ihrem Spielen mit der Gefahr, als auch in ihrer Nach-
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