gegen den Verdacht Innstettens, der hinter solchen Maßnahmen stecken muß. Die Vorstellung des „erzieherischen“ Spuks drängt sie in Crampas’ Arme. In seiner meisterhaften Art läßt Fontane Elfi und Crampas am Grab des Chinesen Vorbeigehen, gerade als das Spukgespräch zu Ende ist: ein Ausklang, dessen Gewalt in der Stille der Verbindung liegt. Nach der Aufführung des Schauspiels „Schritt vom Wege“ wird Effi von einer sonderbaren Angst ergriffen, wenn Innstetten ihr Spielen lobt. Sie will wissen, ob was dahinter „lauert“. Als das Gespräch sich direkt auf Crampas wendet, hört Elfi wieder das heimliche Tanzen. Innstetten versichert ihr:
„Man muß nur in Ordnung sein und sich nicht zu fürchten brauchen .“ 29 In Elfis Gedächtnis kommen wieder Crampas’ Worte von dem „Erzieher“.
Durch Crampas’ Interpretation des Spukes wandelt sich das Gespenst in Elfis Leben: Es trägt dazu bei, das zu fördern, was es zu vermeiden helfen soll. Die alte Vorliebe für die Gefahr, die Effi auf der Schaukel zeigte, und ihr Hang nach dem Aparten, treten jetzt hervor und zwingen sie in ihren Bann. „Das Verbotene, das Geheimnisvolle hatte seine Macht über sie .“ 30 Als jetzt Innstetten nach Berlin fährt, empfängt sie seine Worte „Und ängstige dich nicht“ mit Wehmut, und .wiederum scheint er ihr der / große Erzieher zu sein. Jetzt erschreckt das Grab des Chinesen sie auch nicht mehr.
Effi schrickt zusammen, als sie Roswithas Lebensgeschichte höit, denn die Angst vor der Entdeckung fängt schon an, sie zu fesseln. Der Spuk der Angst gestaltet sich jetzt wieder anders. Langsam steuert sie selbst auf die Entdeckung zu: Um ihre überwältigende Freude über das Umziehen nach Berlin zu erklären, beruft sie sich wieder auf die Vorstellung des Spukhauses: „Es ist ein Spukhaus, und ich habe es auch glauben sollen, das mit dem Spuk — denn du bist ein Erzieher .“ 31 Damit wird schon ein kleiner Verdacht in Innstetten erweckt, den er sich aber wieder ausredet. Gerade als Effi meint, ihr geistiges Gleichgewicht wiedergefunden zu haben, gerade als sie sich einigermaßen befreit fühlt, erscheint ihr Spuk wieder. Ihre Schuld verfolgt sie, denn auf Urlaub mit Innstetteft stößt sie auf ein Dorf namens „Crampas“. Den Namen verschweigt sie ihrem Mann, denn sie fürchtet sich davor: Sie fühlt sich dadurch gefährdet. In Hohen-Cremmen analysiert Effi ihre Gefühle und kommt dabei zur Selbsterkenntnis: Sie erschrickt vor ihrem Mangel an Schuldbewußtsein; das, was ihre Seele jetzt belastet, ihr jetziger Spuk, ist „Angst, Todesangst und die ewige Furcht: Es kommt doch am Ende noch an den Tag “. 32 Ihr Spuk ist die Unordnung in ihrer Seele, die Unordnung ihres ganzen Lebens von dem Moment der Entwurzelung aus ihrer natürlichen Welt ist. Die furchtbare Wahrheit ihres sich selbst gegenüber eingestandenen Spukes steht ihr immer vor Augen. Innstettens Anspielung auf Elfis „Affektion“ für Crampas, beunruhigt sie weiter. „Es war ihr zu Sinn, als ob ihr ein Schatten nachginge .“ 33 Wie ein Schatten schwindet aber auch ihre Angst im Laufe der Zeit und löst sich wie ein Nebelbild von Geschehnissen „auf einem anderen Sern“. In Berlin fühlt sich Effi endlich wohl, weil sie sich geliebt und sicher glaubt.
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