Heft 
(1976) 23
Seite
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kann Effi Crampas auch nicht länger widerstehen. Fontanes Kunst der andeutenden Verknüpfung läßt sich wieder darin erkennen, daß die Beschreibung von Elfis Veränderung im nächsten Absatz angeführt wird, nachdem die von Crampas gebrachte Nachricht daß die Husaren nicht kommen erwähnt wird.Ihre Gesichtszüge hatten einen ganz anderen Ausdruck angenommen, und das halb rührend, halb schelmisch Kindliche, was sie noch als Frau gehabt hatte, war hin. 30 So weist Fontane durch einen Schleier auf den zustande gekommenen Ehebruch hin, in den Effi hineingezogen worden ist.

Um den Leser auf den zukünftigen Ehebruch einzustellen, ergreift Fontane verschiedene Mittel und wendet verschiedene Gelegenheiten und Ereignisse im Roman symbolisch dazu an. Das Gespräch ist hier wiederum Fontanes Hauptmittel. Das Bild des Falles tritt auch bei Effi Briest hervor, obwohl nicht mit der leitmotivischen Bedeutung des Bildes in LAdultera. Wenn Effi spöttisch und übermütig (schon im 1. Kapitel) vom Fallen spricht, ermahnt sie ihre Freundin Hulda: Man soll sein Schicksal nicift versuchen; Hochmut kommt vor dem Fall. 37 Effis eigenartiges, fantasiereiches, fast unheimliches Trauerzug- Spiel enthält eine tiefere Bedeutung. Sie scheint ihr Schicksal voraus­zusehen, wenn sie beim Versenken der Tüte sagt:Herta, nun ist deine Schuld versenkt,... wobei mir übrigens einfällt, so vom Boot aus sollen früher auch arme unglückliche Frauen versenkt worden sein, natürlich wegen Untreue. 38 Daß Effi so etwas im Gedächtnis behält, wundert ihre Freundinnen: Für Effi scheint es nur natürlich. Noch bedeutender als die Spiegelung von Effis Zukunft selbst in der Bemerkung, wirkt der darin versteckte Hinweis auf den fatalen Charakterzug, der Effi in den wirklichen Abgrund stürzt:ihr Hang nach Spiel und Abenteuer, ihr Verlockt-Sein-Können von dem Aparten. Fontane läßt Effi selbst mehrmals unbewußt auf den unglücklichen Ausgang ihrer Ehe deuten. Vor ihrer Hochzeit sagt sie z. B. zu ihrer Mutter:Aber kannst du dir vorstellen, und ich schäme mich fast, es zu sagen, ich bin nicht so sehr für das, was man eine Musterehe nennt. 39

Effis Eltern machen sich sofort nach der Hochzeit Gedanken: Ihre Unruhe und Andeutungen sind ausdrückliche Hinweise für den Leser. Wieder ist die Rede von Effis Unreife und Fantasie, die die Ehe von Anfang an gefährden. Eifis unbewußt ironischen Worte, wenn sie ihre Eltern besucht, begründen deren Furcht vor Innstettens eventueller, sich steigender Unaufmerksamkeit:Und am Ende, ich laufe ihm ja nicht fort. Er hat mich ja.' i0

An Innstettens Worten kann man auch die ihm unverständlichen Zeichen der Gefahr ablesen. Er findet ein neues verführerischesEtwas bei Effi, das ihm imponiert. Gerade nach seinen Bemerkungen darüber unterbricht Crampas das Gespräch der Gatten. Wieder zeigt sich Fontäne als ein Meister der Andeutung, nicht nur durch die Aussagen seiner Personen, sondern auch durch die Anordnung der Ereignisse. In emem Gespräch zwischen Effi und Innstetten handelt es sich um die Verände­rung im Aussehen Effis, ihre Verwandlung vom Kind zur Frau.

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