Weges „die beiden Reiter dicht nebeneinander“. Das Hauptsymbol, das Effis Lage deutet, ist aber das des Schloons, von dem sie auf der Schlittenfahrt erfährt und dessen Sog sie selbst, besonders fatal im übertragenen Sinne, erlebt. Ein Rückblick zeigt uns, daß eine ähnliche Vorstellung, ein Vorbild, während Eifis „unbefangenen“ Tagen in Kessin vorkommt. Bei dem Gesellschaftsabend der Tripelli zu Ehren, weist diese Effi ein besonderes Sofa zu: „Dieses Sofa nämlich... ist noch nach einem altmodischen Versenkungsprinzip gebaut, und wer sich ihm anvertraut, ohne vorher einen Kissenturm untergeschoben zu haben, sinkt ins Bodenlose.. .“ 50 Eifi setzt sich darauf!
Die Schlittenfahrt enthält aber'die bei weitem tiefere, ja die tiefste Bedeutung. Wie Mary Gilbert sagt: „Der Schloon ist die Landschaft von Effis Seele .“ 51 Im Schloon, so erzählt man, sinken alle Schlitten. Naiv fragt sie, ob der Schloon ein Abgrund sei, drin man mit „Mann und Maus“ zugrunde gehen muß. Beim Erklären des Soges im Winter, schildert Sidonie von Grasenabb Effis Lage: „...ein Sog, ...aber nicht so, daß man es sehen kann. Und das ist das Schlimmste von der Sache, darin steckt die eigentliche Gefahr. Alles geht nämlich unterirdisch vor sich, und der ganze Strandsand ist dann bis tief hinunter mit Wasser durchsetzt und gefüllt. Und wenn man dann über solche Sandstelle weg will, die keine mehr ist, dann sinkt man ein, als ob es ein Sumpf oder ein Moor wäre .“ 52
Auf Innstettens Zustimmung, sogar Empfehlung, wird die Überfahrt über den Schloon riskiert: der Schlitten, in dem Effi und Crampas sitzen, versinkt. Der Umweg, den Innstetten schließlich wählt, führt durch einen dichten, von „Licht und Luft“ beraubten Wald: Der Weg selbst ist schmal. Alles drängt auf Effi zu, und sie verliert ihr geistiges Gleichgewicht. Durch die Schlittenfahrt durch den Schloon kommt der erste „Schritt vom Wege“ zustande, dem der Schloon eine geeignete „Bühne“ ist.
Auch Innstetten scheint die verhängnisvolle Bedeutung des Schloons zu ahnen, denn er träumt, daß Effi und Crampas darin versinken. Die Worte Gieshüblers in einem unbewußt zweideutigen „Billet“, bestätigen dem Leser die Gefahr ,in die Effi hineingeraten ist, die Gefahr des elementaren Soges, dessen geheimer Kraft Effi nicht widerstehen kann . 53
TV. Fontanes im Leitmotiv ausgeführte Stellungnahme zu der Problematik des Romans.
Warum findet der „Schritt vom Wege“ überhaupt statt? Die frühere leitmotivische Auseinandersetzung, die einige Hinweise als solche auch enthält, 'war ein Versuch, in die Bedeutungsschichten des Romans durch die Mittel des Erzählers durchzudringen. Daß die schlichten Worte „Effi komm“ als ein wichtiges Motiv noch nicht erwähnt worden sind, liegt daran, daß sie, gerade in ihrer bewußten Stellung am Anfang und am Ende des Romans, die wesentliche Thematik berühren: Sie bedürfen einer besonderen Betonung. Durch den ganzen Roman hindurch zieht sich
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