„Fürsten von Werte“ in dieser gleichlautenden Bezeichnung mit dem Leberreim hat es nur in Mecklenburg gegeben. Auf sie weist der eingangs erwähnte Ort Werle hin. Hier bestand eine slawische Niederungsburg, die zum ersten Mal im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt wird. Neuzeitliche archäologische Untersuchungen ergaben, daß ein Damm durch das ehedem befestigte suburbium („de lütt Wall“) an die Burg führte. Hier wurde der letzte Wendenfürst Niclot von Heinrich dem Löwen belagert und bei einem Ausfall 1160 getötet. Nach der weiteren Eroberung des Landes erhielten die Söhne Burg und Land zurück. Ein Enkel des Niclot ging auf die Burg Mecklenburg und regierte als Fürst zu Mecklenburg diesen Teil des Landes, während sein ältester Sohn den östlichen Teil übernahm und sich Fürst von Werle nannte. Diese Fürsten waren die Ahnherren der mecklenburgischen Dynastie, die dort bis November 1918 regierte. Sie waren also keineswegs „kleinste“ Fürsten im Deutschen Reich.*
So ist daS geschichtliche Material über die „von Werle“ entgegen mancher geäußerten Meinung recht reichhaltig und hat bis zur Gegenwart durch laufende Forschungen zugenommen, ohne daß es bisher zur Klärung des Fontane-Reims ausreichend benutzt wurde.
Zusammenfassend ergibt sidi folgendes:
Geschichtliche Persönlichkeiten, die zu diesem Leberreim in Beziehungen stehen, können sein:
In Mecklenburg im Mittelalter die „Fürsten von Werle“ auf der Burg Werle a. d. Wamow südlich von Rostock: Sie sind die slawischen Stammväter der Dynastie, die bis 1918 im Lande herrschte.
Im Harzland die „von Werla“, Ministerialen, die zwei Jahrhunderte lang die Königspfalz Werla bei Goslar inne hatten und wenig bedeutend sind. In Westfalen die „Grafen von Werle“, Gründer der Großgrafschaft Westfalen, die nach ihrem Niedergang in zahlreiche „kleinste“ Herrschaften zerflei.
Was mag nun der Dichter von alledem gewußt haben: von der Fülle des Geschichtlichen, wovon die entsprechende Literatur von einst bis heute berichtet, von den forschenden Arbeiten an den geschichtlichen Stätten, wo zu seiner Zeit im zweiten Halbjahr des 19. Jahrhunderts in Werle und Werla Ausgrabungen begannen, endlich von dem, was im Volke an Überliefertem darüber noch zu erkunden war, auf das der eingangs erwähnte Brief hinweist? Er war im Harz und kannte Pfalzen und Burgen, er war in Westfalen, er lobt Mecklenburg in seinen Berichten über Rostock, Warnemünde, Doberan und Waren. Als einziger Hinweis darauf bleibt nur der Name im Leberreim der Novelle. ,
Dadurch führt der Weg dieser Untersuchung über einen kleinen Mosaikstein im Werk des Dichters zurück auf seine Persönlichkeit. Wir wissen, wie sorgfältig er sich auf seine Fahrten am Schreibtisch vorbereitete, um dadurch Kenntnisse zu gewinnen, die ihm die gewünschte Verbindung mit
* In Urkunden wird erwähnt, daß ein „Herr von Havelberg“ Hofmarschall am Hofe der Fürsten von Werle war (um 1300).
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