An Julius Rodenberg, in dessen Zeitschrift „Deutsche Rundschau“ Fontanes Altersromane als Vorabdruck erschienen, richtete Fontane in Rückschau auf sein literarisches Schaffen die Zeilen: „ich (will) ...Gelegenheit nehmen, Ihnen noch einmal zu danken, daß Sie der armen Effi Briest nicht bloß eine Stätte gegeben, sondern ihr auch so viel Liebes bewiesen haben und ganz ohne ,wenn‘ und ,aber‘. Ich glaube, ich habe es Ihnen schon früher ausgesprochen, aber ich muß es doch noch einmal tun, welche Befriedigung, ja geradezu welches Glück es mir bereitet hat, in meinen alten Tagen in Ihrer ,Rundschau 1 seßhaft geworden zu sein, wobei Sie seßhaft (dessen strengste Form der ,Kleber' ist) nicht zu wörtlich streng zu nehmen haben. Ach, was habe ich unter den Plätzen gelitten, auf denen ich mich früher einzuquartieren hatte! Jede geistige Arbeit nimmt von dem Ort (ein unter Umständen schwerwiegendes Wort), wo sie sich niederläßt, einen ganz bestimmten Geruch an.“ 12
Dieses „Bekenntnis“ ist als Resümee eines Schriftstellers zu werten, der ein feines Gespür für die literarischen Geschmacksinteressen des Publikums entwickelt hatte, der die Relation Werk—Periodika als eine Einheit aufzufassen gelernt und sein Werk nicht aus der Bindung an die Objektivationen des durch die Zeitschriften repräsentierten literarischen Geschmacks von vornherein herauslösen durfte, ja, in der Praxis seines Schaffens jene Bindung zwar kritisch prüfte, ihnen jedoch zu kongruieren trachtete.
Vorgebrachter Argumentierungsgang muß um einen Brief Fontanes vom 15. 11. 1889 an die Redaktion der „Gartenlaube“, in der der Roman „Quitt“ als Vorabdruck amputiert und seines ursprünglichen Gehaltes beraubt, erschien, ergänzt werden, wenn das Thema des vorliegenden Aufsatzes abgerundet werden soll. Fontane schrieb: „Was die vorzunehmenden Kürzungen und Aenderungen angeht, so wiederhole ich meine ganz ergebenste Bitte, frei schalten zu wollen, ohne mir die Sache noch’ mal vorzulegen, Von einer nachträglichen, auch nur stillen Klage meinerseits kann gar keine Rede sein; es muß doch schließlich immer was herauskommen, was, soweit der Urstoff es ermöglicht, 300 000 Abonnenten, oder wieviel ihrer sein mögen, ein Genüge thut, und aus der Schüssel, aus der 300 000 Deutsche essen, ess’ ich ruhig mit.“ 13
Auf dem bisher zitierten Hintergrund wollen Fontanes Beziehungen zu den „Westermanns illustrierten deutschen Monatsheften“ verstanden werden, wobei lediglich dem Modell einer literarischen Interaktion Fontane- Redakteur—Verleger—Publikum Rechnung getragen wird.
Theodor Fontane und die „Monatshefte“
Georg Westermann gründete im Jahre 1856 die in Braunschweig erscheinende Monatsschrift „Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte“. Es sollte eine Zeitschrift „für das gesamte geistige Leben der Gegenwart“ werden und die programmatische Zielrichtung ging dahin, dem „Mangel eines größeren Centralorgans für die nach Volkstümlichkeit ringende Bildung unserer Zeit abzuhelfen, und mit ernstem Bestreben die Richtung
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