Heft 
(1976) 24
Seite
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Karpeles das Beiwortgediegen als Charakteristikum des in Aussicht stehenden Fontane-Werkes. Gediegenheit ist gleichzusetzen mit inhalt­licher und formaler Qualität, jedoch ohne etwas aus dem Rahmen Fallendes zu sein. Die Übereinstimmung in diesem Punkt tendenzieller und geschmacklicher Ausrichtung wurde auch von Fontane akzeptiert. Am 30. Juni 1879 richtete er an Karpeles die Zeilen:Daß ich Ihnen und den Lesern übrigens keine Tollkirschen vorsetzen würde, brauch ich wohl nicht erst zu versichern. 33

Ein Blick hinter die Kulissen redaktioneller und verlegerischer Arbeit gewähren die Äußerungen des Verlegers George Westermann über Fontanes EssayKatte. Karpeles unterbreitete Fontanes Angebot Westermann am 23. Januar 1879.Fontanes .Wanderungen durch die Mark* so liest mansind sehr beliebt, sehr interessant und hübsch geschrieben. Das Kapitel über Küstrin ist von besonderem Reiz und dürfte sich auch illustrieren lassen. 36

Westermann betrachtete den Katte-Aufsatz mit großer Skepsis. Er mahnte seinen Redakteur mit den Worten:Uebrigens seyn Sie vor­sichtig mit Katte-Annahme; der Gegenstand ist bedenklich und man darf nicht ohne zu sehen, sich definitiv engagiren. 37

Und am 15. März 1879 findet sich nochmal in den Kopierbüchern der Monatshefte eine kritische Bemerkung des Verlegers, die als verlege- ris'che Direktive auch über den weiteren Abmachungen und Angeboten Fontanes mit denMonatsheften stehen könnte:Wegen des Umfangs des Katte-Artikels mahnen Sie Fontane zur Kürze. Ich bin einigermaßen besorgt, daß der Stoff nirgends anstößt. 38

Fontanes Zusammenarbeit mit denMonatsheften stand somit unter den beiden Prinzipien der umfangsmäßigen Beschränkung und stofflichen Konformität. Es ist aus den genannten Gründen auch nicht erstaunlich, wenn folgende Roman- und Novellen-Exposes von denMonatsheften nicht akzeptiert wurden:

1. derZeitromanAllerlei Glück 39

2.Sidonie von Borcke 40

3.Schach von Wuthenow 41

4.Storch von Adebar 42

5.Cecile 43

Die angebotenen Stoffe zeichnen sich dadurch aus, daß ihnen im umfas­senden Sinne gesellschaftskritische Tendenzen abzulesen sind: InAller­lei Glück solltendas Berlin und seine Gesellschaft, besonders die Mittelklasse behandelt werden, inSidonie von Borcke die Priorin eines Klosters im Mittelpunkt stehen, die, obwohl dieTochter des ältesten und stolzesten pommerschen Geschlechtes, einen schimpflichen Tod erleiden sollte, inStorch von Adebar der pietistische Konserva­tismus, denFriedrich Wilhelm IV. aufbrachte, inSchach von Wuthe­now stand ein Stück rühmloser preußischer Geschichte als Zeitgeschichte zur Diskussion, inCecile entpuppte sich eine begehrte Frau alsrepor-

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