Innerhalb der Disposition der „Monatshefte“ sollte das Fontane-Werk eine wichtige Rolle spielen. Mit dieser Arbeit wollte Karpeles das Septemberheft 1880 der „Monatshefte“ „wirksam abschließen“. 49 Am 20. September lag die Novelle Karpeles vor. Er studierte sie eingehend und meldete Westermann: „Die Novelle von Th. Fontane ,Ellem- klipp“ habe ich bereits. Soweit ich bis jetzt gekommen in der Lektüre, ist namentlich die Detailmalerei des Dorflebens im Harz im vorigen Jahrhundert ganz außerordentlich gelungen. In Bezug auf dieses Detail vie auf den sinnigen Humor, der die Dichtung umspielt, erinnert Fontane sehr an Raabe.“ 50
Neben der Tatsache, daß Karpeles die Novelle „Ellernklipp“ also lange vor dem Abdruck in den „Monatsheften“ in den Händen hielt und während der Arbeit an diesem Werk seine Einflußmöglichkeiten hat geltend machen können, ist zu beachten, daß Fontane mit dieser Arbeit nach Aussagen des Redakteurs die literarische Kontinuität der „Monatshefte“ wahrte, denn Raabe, der die Stoffe seiner Arbeiten auch im Raume Niedersachsens und des Harzes ansiedelte, gehörte zu den beliebtesten Schriftstellern des Publikums der „Monatshefte“.
Mit „Ellernklipp“ hatte Fontane auch einen Stoff gewählt, der den „Monatsheften“ keineswegs „heikel“ erscheinen mußte. Um den Gegensatz der Angebote „Cecile“ und „Ellemklipp“ plastisch zu machen, seien hier die beiden Exposes angeführt. Den Gehalt des Werkes „Cecile“ faßte Fontane in die Worte zusammen: „Ein forscher Kerl, 25, Mann von Welt, liebt und verehrt — nein, verehrt ist zu viel — liebt und umkürt eine schöne junge Frau, kränklich, pikant'. Eines Tages entpuppt sie sich als ,Repornierte Fürstengeliebte 1 , sofort veränderter Ton, Zudringlichkeit, mit den Allüren des guten Rechtes, Konflikte, tragischer Ausgang.“ 51 Das „Ellernklipp“-Expose lautete: „,Ellernklipp‘. Nach Aufzeichnungen eines Harzer Kirchenbuches. Spielt unmittelbar nach dem Siebenjährigen Krieg in einem Harzdorf. Eifersucht des Vaters gegen den Sohn. Der Sohn fällt als Opfer, bis zuletzt auch der Alte den Visionen seiner Schuld erliegt. Hauptfigur: ein angenommenes Kind, schön, liebenswürdig, poe- thisch-apathisch, an dem ich beflissen gewesen bin, die dämonischunwiderstehliche Macht des Illegitimen und Languissanten zu zeigen. Sie tut nichts, am wenigsten etwas Böses, und doch verwirrt sie regelrechte Verhältnisse. Sie selbst, ohne den Grundton ihres Wesens zu verändern, verklärt sich und überlebt das Wirrsal, das sie gestiftet.“ 52 In dem letzten Expose sind alle Momente erfüllt, die an eine Literatur herangetragen wurde, der eine Aufnahme in einer Familienzeitschrift gestattet werden konnte, strenge Dezenz, Meidung alles sittlich, politisch oder konfessionell Anstößigen, spannende Handlung und knappe Darstellung, ein befriedigender Schlußakkord. Alle anderen von Fontane den „Monatsheften“ unterbreiteten Exposes erfüllten diese Kriterien nicht. Auch in der Umfangsfrage zeigte sich Fontane den „Monatsheften“ gegenüber flexibel. Die Wahl der „Ellernklipp“-Novelle, die Karpeles akzeptierte, kommentierte Fontane am 21. März 1880 mit den Worten:
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