alles ließ ihn als „schönen Mann“, ja als Zelebrität erscheinen, bei der der deutsche Bürger auf der obligatorischen Bildungsreise nach Italien in München Station machte (wobei die Legende über „Heyse in München“ durchaus nach dem Vorbild „Goethe in Weimar“ zurechtstilisiert war). Regelmäßige und hohe Einkünfte sicherten ihm einen luxuriösen Lebensstandard, und die eigene Villa verstand sich schon bald ebenso von selbst wie die Winteraufenthalte in Meran und am Gardasee. Welcher Kontrast zu dem schlichten Bürger im dritten Stock des Hauses Potsdamer Straße 134 c in Berlin!
Fontane hatte zeitlebens Mühe, vom Ertrag seiner Feder sich und die Seinen ordentlich zu versorgen, und die schlecht sitzende Hose — „am Knie immer Beutel“ — war das galgenhumoristisch betrachtete Alltagsrequisit. Er meinte gelegentlich, daß er sich wohl auch eine „Stube mit Atlastapeten“ hätte leisten können, wenn er die „Kunst des Festhin- setzens“, des glatten, mühelosen, aber auch leichtfertigen Herunterschreibens zu üben verstünde (in der Heyse Meister war). Statt dessen nahm er bei jedem neuen Projekt die unendliche Mühsal des Pusselns und Basteins auf sich, rang er oft monatelang um gültige künstlerische Aussage und pflegte er wichtige Briefe — auch an Heyse — zunächst im Konzept zu entwerfen. Heyse, formgewandt und gebildet, in den romanischen Sprachen und Literaturen ausgezeichnet bewandert, weilte mit dreiundzwanzig Jahren in Rom, während Fontane, der höchst unsicher Französisch und gar nicht Italienisch sprach, ins märkische Kränzlin reiste und sich erst nach fast zwanzigjähriger Ehe einigermaßen regelmäßig gemeinsame Sommerfrischen mit seiner Frau leisten konnte. Heyse, der Autor zahlreicher Bestseller, hatte wie ein Sonntagsk^-' seinen Weg in der zeitgenössischen Literatur gefunden, hatte mit nachtwandlerischer Sicherheit den Geschmack seines Publikums getroffen und beherrschte als Dreißigjähriger bereits den literarischen Markt. Fontane, ständig von Existenzsorgen bedroht, von Miniaturauflagen vielfach des- illusioniert, blieb jahrzehntelang der Suchende, der erst mit sechzig sein eigentliches Medium fand und mit der „richterlichen Stellung“, die er in seinem Romanwerk zur Gesellschaft einnahm, sofort auf Widerspruch und Verdächtigung stieß. Heyse wurde von Maximilian II. nach München berufen, und hinter seiner kometenhaften Karriere stand die materielle Sicherheit, die ihm der bayerische Hof bot. Fontanes Beziehung zum preußischen König dagegen ist eine einzige Folge von Demütigungen und Enttäuschungen. Denn Fontane war selbst in seiner konservativen Entwicklungsphase, in die ihn die nachrevolutionären Ereignisse zeitweise hineindrängten, stets ein engagierter Autor, während Heyse politisch desinteressiert blieb.
Nicht zufällig konnte Fontane, der Journalist und Reporter, der versierte Mitarbeiter zahlreicher angesehener Berliner Blätter, ohne die aktuelle Information durch die Zeitung nicht auskommen, und er bekannte Heyse: ..Ich lese die Zeitung mit der Andacht eines Philisters, aber mit einer Gesinnung, die das Gegenteil von Philistertum ist. Es vergeht kein Tag, wo nicht aus diesem elenden Löschpapier etaws Hochpoetisches zu mir
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